Chat-Transkript vom 11.09.2008

Stefan Blankertz, freier Autor, Gestalttherapeut

Thema: Bildungsfreiheit

: Stefan_Blankertz hat den Raum betreten
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Hallo liebe dol2day-Community und herzlich Willkommen zu unserem heutigen Chat mit Stefan Blankertz zum Thema "Bildungsfreiheit"
Moderator: Ich begrüße auch schon unseren Gast und möchte ihn bitten, sich kurz in eigenen Worten vorzustellen... Nicht jedem ist der Name ja ein Begriff
Stefan_Blankertz: ich bin schriftsteller, sozialwissenschaftler und coach, habe zwei erwachsene söhne und ein enkelkind
Stefan_Blankertz: mehr?
Moderator: reicht erstmal, denk ich :-)
Moderator: Im Vorgespräch haben Sie ja gesagt: "Staatliche Bildung ist unmöglich. Sie dennoch erzwingen zu wollen, ist Verschwendung von individuellen, sozialen und wirtschaftlichen Ressourcen.". Wieso denken dann die meisten Leute, dass der Staat für Bildung sorgen muss?
Stefan_Blankertz: Heutzutage ist es wohl vor allem die gewöhnung. Historisch ging es vor allem um zwei dinge, 1) bevormundung und 2) überwälzung der kosten auf die allgemeinheit
Stefan_Blankertz: Oh, das könnte falsch verstanden werden: Auch heute geht es darum, ist aber nicht mehr bewusst
Moderator: Sie denken also, der Staat nutzt die Bildung um zu bevormunden?
Stefan_Blankertz: Ja, es geht darum, ein bestimmtes menschenbild durchzusetzen
Moderator: Welches denn genau?
Stefan_Blankertz: autorität, lustfeindlichkeit, denkverbote
Moderator: wir haben auch bereits erste Fragen der User... hier die erste
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Mal angenommen, der Bildungsbereich wäre vollständig privatisiert: Müßte es nicht dennoch eine staatliche Instanz geben, die bspw. allgemeine Prüfungsregeln etc. festlegt? "
Stefan_Blankertz: im gegenteil, durch die prüfungsregeln würde der staat die kontrolle behalten, da bräuchte er gar kein schulmonopol für
Moderator: Aber wie kann man dann sicher sein, dass ein Abitur der Privatschule A gleichwertig mit der der Schule B ist?
Stefan_Blankertz: die forderung nach gleichwertigkeit ist typisch für die etatistische gleichmacherei. sie ist für nichts nötig. wenn die leute sie wollen würden, können sie sie auch freiwillig haben
Moderator: Frage von Steinchen. an Stefan Blankertz:    "Halten Sie die Institution "Schule" i.w.S. für zukunftsfähig? Damit meine ich nicht "staatliche Schule". Wie sieht es mit Bewertung und Leistung innerhalb dieser Institution aus? Obsolet?"
Stefan_Blankertz: schule hätte auch im entstaatlichten bereich überlebenschancen, aber vielleicht ganz anders als heute. paul goodman war für street-schools: "the street as school. back to socrates". für freiheit des experiments von Salem bis Frankfurter Freie Schule
Moderator: Frage von Djilas an Stefan Blankertz:    "Was hat der Staat davon Autorität und Lustfeindlichkeit zu fördern? Wäre es nicht treffender zu sagen, dass er ein ökonomistisches Menschenbild vermittelt, da seine eigenen Grundlagen materieller Natur (Erkaufen von Legitimität durch Sozialstaat) ist?"
Stefan_Blankertz: der autoritätshörige charakter ist voraussetzung dafür, dass menschen sich dem staat unterwerfen. für autoritätshörigkeit ist lustfeindlichkeit voraussetzung, da folge ich wilhelm reich
Moderator: Frage von Steinchen. an Stefan Blankertz:    "Ein ökonomistisches Menschenbild wäre/ist lustfeindlich..."
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Ist es tatsächlich so, daß heutzutage ein "lustfeindliches" Menschenbild propagiert wird? Unsere Gesellschaft ist doch geprägt durch hedonistische Lebensweise(n)."
Stefan_Blankertz: das kommt darauf an, was man unter "ökonomisch" versteht. wilhelm reich hat sich "sexualökonom" genannt
Stefan_Blankertz: mit dem "hedonismus" sehe ich das anders. sexualfeindlichkeit lebt fort. sexualität ist durch die autorität per se deformiert
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Und wie glauben Sie sollen Bildungsabschlüsse in einem solchen System, wie es Ihnen vorschebt, noch vergleichbar sein?"
Stefan_Blankertz: wofür müssen sie vergleichbar sein?
Moderator: Frage von Aureion an Stefan Blankertz:    "Würde die Freiheit der Schule vom Staat in Sachen Regeln und Vorgaben andererseits nicht auch auf der Kehrseite der hier gezeichneten Medaille bedeuten, dass nicht mehr alle Schüler gleichermaßen Zugang zur Schule finden, da dieser Zugang nicht mehr von staatlicher Seite garantiert werden kann?"
Stefan_Blankertz: seit den 1960er jahren ist empirisch belegt, dass noten keinerlei aussagekraft haben
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Für Arbeitgeber zum Beispiel müssen sie vergleichbar sein?"
Stefan_Blankertz: sie sind nicht vergleichbar. das ist eine illusion
Stefan_Blankertz: Zu Aureion: die forderung nach gleichmäßigem zugang setzt voraus, dass man davon ausgeht, die schule sei voraussetzung für ein glückliches leben in wohlstand. das bezweifle ich
Moderator: Frage von voice an Stefan Blankertz:    "Sie sind auch gegen Schulpflicht, nehme ich an. Wie sieht es mit "Bildungspflicht" aus. Also so das man zumindest eine gewisse zeit eine Bildung genießen muss."
Stefan_Blankertz: nein, gerade die "bildungspflicht" ist sozusagen ein rückzugsgefecht des staates, um die kontrolle zu behalten. das halte ich für verfehlt
Moderator: Also Bildung für den, der sie will. Wer nicht will darf "dumm" bleiben, was auch immer man darunter auch verstehen mag?
Stefan_Blankertz: ja, wenn jemand dumm bleiben wollen würde. aber dummheit ist ja meist eine zuschreibung von außen, keine selbstbeschreibung, schon gar nicht als ziel *g*
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Sie können schon davon ausgehen, daß Personalentscheider den Zeugnissen zusammen mit Anschreiben und Vorstellungsgespräch der Person einschätzen können, wen sie da insgesamt vor sich haben. Ohne solche vergleichbaren schulischen Abschlüsse wird das praktisch unmöglich."
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Jeder Arbeitgeber (private Firmen) fordert vor einer mögl. Einstellung Zeugnisse etc. an. Hat das für Sie auch keinerlei Sinn?"
Moderator: die beiden fragen sind quasi zum gleichen thema ;)
Stefan_Blankertz: wenn dem so wäre, wäre die schule eine überwälzung von kosten der unternehmen (auswahlverfahren) auf die allgemeinheit. die forderung nach einheitlichen zeignissen ist meist von politischen formationen geäußert worden, die nicht wissen, was in den betrieben vor sich geht
Moderator: Frage von Aureion an Stefan Blankertz:    "Endziel der Schule nur im 'Wohlstand' zu sehen, halte ich für zu kurz gegriffen. Was ist mit dem Entdecken von Interessen und Talenten, dem Zugewinn neuer Fertigkeiten?"
Stefan_Blankertz: ja, bildung als selbstzweck. humboldt. alles sehr schön. geht aber nur in freiheit und nicht erzwungen
Moderator: Frage von Steinchen. an Stefan Blankertz:    "Wenn staatliche Bildung gesellschaftlicher Reproduktion dient, ließe sich das in Hinsicht auf private Bildung umdrehen: Diese hätte also eine größtmögliche Pluralität zur Folge. Bewerten Sie das ausschließlich positiv? (jetzt einmal ganz ohne auf ökonomische Aspekte einzugehen ;-))"
Stefan_Blankertz: ja, pluralität ist das ziel. lieber sage ich toleranz. oder rheinländisch: leben und leben lassen
Moderator: Frage von Djilas an Stefan Blankertz:    "Was verstehen Sie denn unter "Autorität"? Nch dem lateinischen Wortupsrung bezeichnet es Vorrang, Anerkennung. Eine freie Gesellschaft der Vielfalt ist also immer auch eine, wenn man so will, autoritäre Gesellschaft, da Freiheit zu Verschiedenheit führt und diese zu Vorrang einzelner jeglicher Art. Autorität und Freiheit bedingen dementsprechend meines Erachtens einander.. "
Stefan_Blankertz: richtig, ist verkürzt. aber ich muss ja so schnell tippen und alle anderen formulieren würden was länger brauchen
Moderator: ach, lassen sie sich ruhig zeit... am besten kurz vorwarnen, dass es bisschen länger wird, dann bekomm ich keine Panik, es sei ein technisches Problem ;)
Stefan_Blankertz: autorität im sinne von adornos autoritärem character. oder im sinne der antiautoritären erziehung neills
Moderator: Frage von Steinchen. an Stefan Blankertz:    "aber eine gewisse Konformität (nicht falsch verstehen!) hat doch auch ihre Vorzüge? Im Sinne eines "Halts"? Mag jetzt konservativ klingen..."
Stefan_Blankertz: da, wo sie vorteile hat, wird sie sich durch freiwillige vereinbarungen auch durchsetzen
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Was glauben Sie denn, wer »der Staat« ist, gegen den Sie dauernd zu Felde ziehen?"
Stefan_Blankertz: der staat ist alles, was 1) durch steuergeld finanziert ist und 2) vom gewaltmonopol abhängt
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Sie sind ja nicht nur für die abschaffung staatlicher Bildung, sondern für die Abschaffung des Staates genrell. Sind Ihre Ideen überhaupt innerhalb eines staatlichen Gebildes realisierbar oder ist Grundvoraussetzung, daß der Staat erstmal abgeschafft wird? (Wenn ja, stecken sie im Dilemma eines jeden Radikalen, egal welcher politischen Couleur!)"
Stefan_Blankertz: es gibt auch schritt-für-schritt-vorstellungen. schulfreiheit könnte man einführen, ohne den staat abzuschaffen
Moderator: Frage von flitzer an Stefan Blankertz:    ""Darf" der Staat in ihrem System dann trotzdem noch Schulen anbieten? "
Stefan_Blankertz: das kommt auf die radikalität des programms an. in einem ersten schritt könnte es eine konkurrenz zwischen staatlichen und privaten anbieter geben. aber bitte: die eltern, die ihre kinder zu nicht-staatlichen schulen schicken, müssen das geld, das der staat für sie nicht ausgibt, bekommen (Gutschein- oder Steuerrabatt-System)
Moderator: Frage von Illu mi Nati an Stefan Blankertz:    "Wäre denn ein Gutscheinmodell, wie es u.a. ja die FDP fordert, besser?"
Moderator: dazu hatte ich die passende Frage ;)
Stefan_Blankertz: wie lautet die passende frage
Moderator: naja, die Frage von Illu
Moderator: zum Gutscheinmodell
Stefan_Blankertz: das kommt auf die umsezung an. e.g. west hat gezeigt, dass der staat die gutscheinsysteme oft zur bürokratisierung benutzt. wenn der staat mit dem gutscheinsystem zentrale prüfungen etc. einführt, ist das dann schlimmer als zuvor: die privaten sind die "schinder", der staat fein raus. das ist ja das alte spiel
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Ist denn ihrer Meinung nach eine Entstaatlichung innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems möglich? Pluralismus an Wahlmöglichkeiten und die Tolerierung des Müßiggangs sind ja Todfeinde eines jeden absoluten Systems."
Stefan_Blankertz: wie gesagt, ich halte kleine schritte zu denkbar. aber im moment geht die tendenz in die andere richtung: immer mehr kontrolle, immer mehr bürokratie unter dem deckmantel von schein-pluralität
Moderator: Frage von Aureion an Stefan Blankertz:    "Dann müsste der Staat in ihren Augen für jede Leistung, die er ihnen anbietet, die sie aber nicht nutzen, eine zusätzliche Entschädigung an sie leisten, wenn ein anderer das Angebot annimmt?"
Stefan_Blankertz: genau. songte schon thomas von aquin: die fürten müssten zurückzahlen, wenn jemand auf der straße überfallen wird
Stefan_Blankertz: fürsten *g*
Moderator: Frage von viva el Amor! an Stefan Blankertz:    "Was heisst bei Ihnen Schulfreiheit?"
Stefan_Blankertz: abschaffung der schulpflicht, aufhebung des berechtigungswesens, zückzahlung, wenn jemand das angebot nicht in anspruch nimmt
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Sind Sie denn der Meinung, daß es besser wieder zwischen Arm und Reich entschieden werden soll, wer eine Bildung bekommt?"
Stefan_Blankertz: das ist ja das paradoxe: diejenigen die die ungleichheit beklagen, die durch schule geschaffen wird, meinen aber, mehr vom gleichen würde etwas bringen. die einführung der staatsschule wr eine enteignung der arbeiter von ihren eigenen schulen, dazu gibt es gute untersuchungen. hoch heute ist klippschule ein schimpfwort
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Im ersten Schritt würde der Staat dann aber trotzdem noch darüber entscheiden, welche privaten Schulen er überhaupt zuläßt, oder? (Hier kommen auch wieder Standards und Vergleichbarkeit ins Spiel) Letztendlich bleibt das letzte Wort also doch beim Staat in diesem ersten Schritt bzw. weniger radikalen Modell (Friedman)."
Stefan_Blankertz: noch heute *g*
Stefan_Blankertz: wenn der staat über die schulen entscheidet, die zugelassen werden, ist das keine schulfreiheit, sondern lizensierung von "privaten", an der unterdrückung teilzuhaben
Moderator: Frage von Steinchen. an Stefan Blankertz:    "Sie werfen unserem Staat die Dogmatisierung von Lustfeindlichkeit vor? Derlei Assoziationen kommen mir eher bei "katholischer Kirche" ;-) Könnten Sie das erläutern?"
Stefan_Blankertz: wer seine lust an lustfeindlichkeit hat (assoziiere ich eher mit protestantismus und puritanismus als mit katholizismus), soll die haben. die lustfeindlichkeit des staates ist strukturell: wer nicht kontrolle über sein eigenes leben hat, weiß auch nicht, was gut für ihn ist
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Die "Schein-Pluralität" ist doch nur das Produkt der Rationalisierung und der Übertragung betriebswirtschaftlicher Logik auf den Bildungsbereich. Was haben z.B. ein selektives Schulsystem und die Standortungebundenheit im grundschulischen Bereich mit Pluralismus und Freiheit zu tun? (Kann natürlich auch sein, dass ich den marktwirtschaftlichen Begriff der Freiheit nicht verstehe)"
Stefan_Blankertz: sehe ich nicht so. die betriebswirtschaftliche logik ist ein reflex auf den druck des staates: der geschröpfte private bereich muss die werte schaffen, mit weniger möglichkeiten
Moderator: peludo legt nach...
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Muss der Kapitalismus aber nicht notwendigerweise für eine Reproduktion des Bewusstseins und der Fähigkeiten seiner Produktivkräfte sorgen? "
Stefan_Blankertz: leider nicht. die kapitalisten trefen für ihre abschaffung ein. nur mal so ein gedankenspiel. samiel edward konkin III meinte, auf dem anarchistsichen freien markt würde es gar keine firmen geben, sondern nur selbständige
Moderator: Würde denn ein so drastischer deutscher Sonderweg im Bildungsbereich funktionieren? Grad in Zeiten von EU, Globalisierung etc.
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Der Kapitalismus war aber vor dem Staatensystem da!"
Stefan_Blankertz: es gibt einen deutschen sonderweg, das ist das dreigliedrige schulsystem, das es nirgendwo sonst gibt, und die duale ausbildung. und da könnten wir ja mal zur abwechslung was besseres ausprobieren, nachdem das preußische schulsystem die welt "beglück" (verunglückt) hat
Stefan_Blankertz: @ A Keller: wirklich? wo?
Moderator: welcher Staat hat denn ein System, das in ihren Augen schon jetzt ihrem Ideal mehr entgegen kommt? Gibts da einen?
Stefan_Blankertz: es gibt in chile ansätze eines gutscheinsystems. und in den USA verschiedene experimente seit den 1970er jahren, die unterschiedlich gut sind
Moderator: Frage von Djilas an Stefan Blankertz:    "Ein Einwand, dem ich häuig begegne: Müssen Kinder nicht vor fanatischen oder neurotischen Eltern geshcützt werden, so dass sie sich slebstständig entwickeln können? Anders formuliert, vertritt die Forderung nach Abschaffung des Schulsystems nicht die Freiheit der Kinder, sondern die Freiheitb der Eltern gegenüber ihren Kindern? Ist dies dann noch "liberal"?"
Stefan_Blankertz: kinderschutz geht m.E. über die stärkung der kinderrechte gegenüber den besitzansprüchen der eltern (stichwort scheidung von den eltern), und das setzt vor allem voraus, dass das arbeitsverbot für kinder aufgehoben wird, denn freiheit ist ohne verfügung über die eigene reproduktion nicht denkbar
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Die kapitalistische Wirtschaftsweise ist entstanden, als es noch kein Staatensystem im Sinne des westfälischen Friedens vorhanden war. Vorher gab es Königreiche und Fürstentümer, aber keine Staaten in unserem Sinne."
Stefan_Blankertz: o.k., ich nenne das staat
Moderator: Frage von Steinchen. an Stefan Blankertz:    "Was halten Sie denn von der Steinerschen Pädagogik? ;-)"
Stefan_Blankertz: gemischte gefühle. empfehle ich nur, wenn die kinder eindeutig musisch-künstlerische neigungen haben und intrinsisch motiviert sind. steiners dogmatismus ist z.t recht ungemütlich
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Wo wir gerade bei der Diskussion sind: Der Kapitalismus konnte nur durch die monetäre und politische Zentralisierung durch den absolutistischen Staat entstehen. Wie soll der Kapitalismus und das repressive Rückgrat des Staates überleben?"
Moderator: das letzte "und" sollte wohl eher "ohne" heißen, so wie ich peludo kenne :-)
Stefan_Blankertz: oh, das ist jetzt die umkehrung des vorherigen. einverstanden, wenn das "kapitalismus" ist, trete ich gegen den kapitalismus ein. das geldsysem (währungsmonopol) ist der tod des anarchistischen marktes
Moderator: Frage von Juli_ an Stefan Blankertz:    "du forderst " verfügung über die eigene reproduktion" auch für kinder. aber ist lohnarbeit tatsächlich " verfügung über die eigene reproduktion" - oder nicht doch eher die aufgabe der freiheit, schließlich heißt lohnarbeit auch: produzieren für andere"
Stefan_Blankertz: nun ja, es ging auch um kleine schritte. das ziel ist umfassender
Moderator: was ist denn das ziel?
Stefan_Blankertz: lohnarbeit würde ich nicht per se für falsch halten, aber wie bei der schule: es geht um das nebeneinander von verschiedenen vergesellschaftungsmöglichkeiten und damit um die wahlmöglichkeit
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Keine Noten... keine Vergleichbarkeit der Leistungen... keine staatlich anerkannten Prüfungen... Letztendlich auch kein Staat, wie ich bei Ihnen vermute!? Nur: Das sind keine realistischen Konzepte, sondern so etwas wie ein "visionärer Radikalismus". Bildung ist aber kein Thema für's Reißbrett, es müssen realisierbare Lösungen gefunden werden."
Stefan_Blankertz: doch, das ist realistisch, weil vergleichbarkeit nicht gegeben ist und noten keine aussagekraft haben
Moderator: Frage von Juli_ an Stefan Blankertz:    "okay, frage erweitern: heißt nicht warenproduktion (auch bei selbständigen ohne lohnarbeit) nicht letztlich: produzieren für andere. schleißlich muss ich den kram loswerden, also die interessen anderer zur grundlage meines handelns machen. und nicht die interessen anderer in speziellen, sondern quasi abstrakt: die potentiellen interessen einer diffusen allgemeinheit"
Stefan_Blankertz: ja. und das ist auch gut so: das wird honoriert, was andere haben wollen. so funktioniert arbeitsteilung. sonst gibts nur subsistenzproduktion
Moderator: Sie haben vorhin das staatliche Geldmonopol erwähnt. Was wäre denn besser? Jeder darf sein eigenes Geld drucken? Freigeld? Goldwährung?
Stefan_Blankertz: Ja, konkurrierendes Geld. funktioniert sehr gut, in den USA kannd er dollar nur durchgesetzt werden, weil privater goldbesitz verboten ist
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Oder die Überwindung des monetären Systems durch die Einführung einer Bedürfnisproduktion?"
Stefan_Blankertz: freiwillig ja, natürlich, rückkehr zum tausch
Moderator: Juli legt nochmal nach...
Moderator: Frage von Juli_ an Stefan Blankertz:    "@ arbeitsteilung naja, es gäbe ja auch noch die variante einer bewussten, transparenten absprache unter freien und gleichen. statt so anonymer verfahren.... arbeitsteilung muss ja nicht zwingend übern markt organisiert sein."
Stefan_Blankertz: das kommt darauf an, ich verstehe unter markt die freie vereinbarung
Moderator: Frage von Korova an Stefan Blankertz:    " Besteht nicht die Gefahr, dass durch die Art der Fragen, wie sie hier gestellt werden, man beim Versuch der Beantwortung sich in eine, nunja "konstruktivistische" Ecke drängen lässt? Und ist es nicht gerade dieser Gesellschaftskonstruktivismus, den man als Libertärer vermeiden möchte?"
Stefan_Blankertz: ich hoffe, keine konstruktivistischen (im sinne hayeks) antworten zu geben und keine reißbrettlösungen vorzuschlagen, sondern den raum für freiheit und experiment zu vergrößern. experiment leider nur im kopf, da der staat experimente verhindert
Moderator: Frage von chrkal an Stefan Blankertz:    "Glauben Sie, daß das Thema Bildung auch im hier und jetzt für politische Propaganda mißbraucht wird? Also zB durch Frau Ypsilaniti, die zwar Bildung für alle nivellieren will, aber ihren Sohn auf eine Privatsch ule schickt..."
Stefan_Blankertz: sehr stark. z.b. die lüge, durch vermehrte bildung ließen sich bessere chancen verwirklichen. das ist unfug. angenommen alle würden ein "gutes" abitur schaffen: dann würde es halt andere selektions-kriterien geben, denn durch bessere abschlüsse wird kein arbeitsplatz geschaffen
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Autorität per se abzulehnen, lehne ich ab. :-) Gerade im schulischen Bereich mangelt es doch den heutigen Lehrkörpern an einer gewissen Autorität, um Wissen nachhaltig zu vermitteln. Meinen Sie nicht?"
Stefan_Blankertz: ja, autorität in diesem sinne bestimmt. a.s. neill war in diesem sinne ein sehr autoritärer lehrer, ein genie, goodman auch
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Verteidigst Du denn Privateigentum und die Ausbeutung des Mehrwerts durch die Besitzenden?"
Stefan_Blankertz: auf jeden fall. ausbeuten tut der staat, nicht die besitzenden
Moderator: sorry, das die Fragen grad querbeet kommen, aber ich stelle sie rein, wie sie eingehen :-)
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Wenn es keinen Staat und keine Autorität mehr gibt - was sollte Leute dann daran hindern, sich mit Gewalt zu holen was sie wollen?"
Stefan_Blankertz: alles klar, ich gewöhne mich dran @ A. Keller: konkurrierende schutzbündnisse
Moderator: was genau hat man sich darunter vorzustellen?
Stefan_Blankertz: Jeder tritt dem schutzbündnis bei, das ihm am besten erscheint. keine privilegien für polizei, volle verantwortung für schäden, die sie herbeiführt, ersetzung des strafsystems durch das wiedergutmachungsprinzip
Moderator: Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, deswegen noch eine Bildungsfrage :-)
Moderator: Frage von Djilas an Stefan Blankertz:    "Welche Bedeutung hat in ihren Augen der Ausbau der staatlichen Kleinkinderbetreuung für die Verstaatlichung der FAmilie bzw. der Kinder?"
Stefan_Blankertz: das ist ein ausbau in richtung "von der weige bis zur bahre"
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Und wer soll die Verantwortung für die Schäden sicherstellen, wenn es keine übergeordnete Justiz mehr gibt?"
Stefan_Blankertz: richter sind ursprünglich als friedensrichter ohne befehlsgewalt entstanden. derjenige, der die besen entscheidungen trifft, setzt sich durch. das gibt ein ganz anderes bild von justiz
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Kann es denn so etwas abstraktes wie die Freiheit überhaupt geben, wenn die sozioökonomischen Millieus in die die Menschen hineingeboren werden über den zukünftigen Weg des Menschen bestimmen?"
Stefan_Blankertz: es ist ein unterschied, ob ich in deutschland geboren bin und deutsch spreche oder ob der staat entscheidet, welche sprache ich lernen und sprechen soll
Moderator: aber was ist mit "reichen Eltern" vs. "armen Eltern"?
Stefan_Blankertz: bezogen worauf? das argument mit den reichen eltern geht davon aus, dass man bildung kaufen kann. kann man nicht. man kann privilegien kaufen. dafür muss es sie geben
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Mit anderen Worten: Ob ein Schaden ersetzt wird hängt vom Glück ab?"
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Und wer entscheidet darüber, wer die besten Entscheidungen trifft? Und was sind die besten Entscheidungen? Geht es auch etwas konkreter?"
Stefan_Blankertz: nur jeder kann für sich entscheiden, bzw. entscheiden, wem er vertraut und folgt. und dabei fehler machen. jemanden davor zwangsweise bewahren zu wollen ist bevormundung
Stefan_Blankertz: entschuldugung, ich hab falsch verstanden bitte warten
Stefan_Blankertz: es geht um die justiz.
Moderator: genau
Moderator: Kleine Anmerkung: der Chat endet in wenigen Minuten und 3 Fragen warten noch in der Pipeline wer weitere Fragen an unseren Gast hat, kann diese sicherlich auch per dol-Mail stellen, denn Herr Blankertz weilt seit einigen tagen auch als Doler unter uns :-)
Stefan_Blankertz: die beste entscheidung ist die, die den frieden wiederherstellt
Moderator: und das ist subjektiv, nehme ich an
Stefan_Blankertz: es ist objektiv im sinne von einigung
Moderator: So, Themawechsel zum Schluss....
Moderator: Frage von *nafrei* an Stefan Blankertz:    "Was genau ist "Gestalttherapie"?"
Stefan_Blankertz: das ist ein neues fass kurz überlegen
Stefan_Blankertz: gestalttherapie geht davon aus, dass jeder die verantwortung für sein leben hat bzw. haben sollte. soweit das unter den gegebenen umständen möglich ist, soll das unterstützt werden. goodman sagt, der neurotiker schränkt sich noch mehr ein, als es nötig ist. und für eine gesellschaftliche veränderung brauchen wir selbstbewusste menschen, die spüren, wo es einschränkungen gibt, die es abzubauen gilt
Moderator: so... vorletzte Frage:
Moderator: Frage von Korova an Stefan Blankertz:    " Würden Sie den Unterschied zwischen dem Status quo und dem, was Sie anstreben, als prinzipiell beschreiben oder eher als Stufung auf einer Skala? So gibt es ja auch zwischen heutigen Staaten immer noch eine gewisse Konkurrenzsituation. Die Möglichkeit des Wechselns von Staat von Staat besteht. Auch innerhalb eines Staatsgebiets gibt es (noch) einiges an Restwahlmöglichkeit, selbst im Bildungsbereich. "
Stefan_Blankertz: ja, es ist eine skala. aber die staaten arbeiten daran, sie so klein wie möglich zu halten
Moderator: und nun die letzte Frage, die ich bewusst nicht selbst beantworten wollte (immerhin gibt es ja noch Schutz der RL-Daten hier)
Moderator: Frage von A. Keller an Stefan Blankertz:    "Unter welchem Account ist er denn bei dol?"
Stefan_Blankertz: gatablanco
Moderator: ach, ein nachzügler...
Moderator: Frage von peludo an Stefan Blankertz:    "Aus welchem Grunde hast Du eigentlich dem libertären Sozialismus den Rücken zugedreht?"
Stefan_Blankertz: habe ich das? freiwilliger sozialismus ist toll. ich liebe gustav landauer, martin buber und franz oppenheimer
Moderator: Ich bedanke mich sehr herzlich für diesen interessanten Chat bei Stefan Blankertz. Ich hoffe, er hat allen Beteiligten Spaß gemacht und wer noch Fragen an unseren Gast hat: die Libre läd ein bzw. auch dol machts möglich.
Stefan_Blankertz: ich danke auch. muss ich noch was machen? abmelden?
Moderator: ja, abmelden und dann den Ansturm an dol-mails abwarten ;) Danke für deine Bereitschaft und man liest sich sicher die Tage noch hin und wieder :-)
Stefan_Blankertz: "pissing in the river. watching it rise" singt patti smith garede. das tollste lied überhaupt
: Stefan_Blankertz hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum verlassen