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Fragenübersicht Kannst Du Dir erklären, wieso die Schlacht von Stalingrad für jeden ein Begriff ist, während die Katastrophen von Falaise und im Rahmen der Operation Bagration in das breitengeschichtliche Bewusstsein keinen Eingang fanden?
1 - 11 / 11 Meinungen
16.06.2021 11:01 Uhr
Erstens fange ich mit der Frage an die Doler an, liege ich mit meiner Einschätzung, welche ich mittels der Frage bereits erläutert habe richtig, oder ist dies nur ein Eindruck, den ich persönlich habe, aber der empirisch nicht haltbar ist.

Persönlich habe ich den Eindruck, dass im Bewusstsein Stalingrad alles überdeckt, während andere Niederlagen und Katastrophen nur dann im Gedächtnis sind, wenn dort Familienangehörige fielen oder beteiligt waren.

Wie seht ihr das?
16.06.2021 11:02 Uhr
Weil die Schlacht von Stalingrad dutzende Male medial verarbeitet wurde. Wer also nicht unbedingt ein Crack ist, was Geschichte angeht, kommt nicht unbedingt auf andere Schlachten.
16.06.2021 11:06 Uhr
Zitat:
Weil die Schlacht von Stalingrad dutzende Male medial verarbeitet wurde. Wer also nicht unbedingt ein Crack ist, was Geschichte angeht, kommt nicht unbedingt auf andere Schlachten.


Du hast mich gerade auf eine Idee bracht.

Zu schauen, ob es wo günstig die DVD und das Buch von "Hunde wollt ihr ewig leben" gibt.
16.06.2021 11:11 Uhr
Stalingrad markierte einen Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges.

Die Operation "Bagration", also die Vernichtung der Heeresgruppe Mitte im Juni/Juli 1944, war glaube ich um ein Vielfaches umfassender als die Stalingrader Schlacht. Aber "Bagration" bestätigte eigentlich nur einen Kriegsverlauf, der sich seit Stalingrad, spätestens seit Kursk, nun wirklich bestätigte: Die sich abzeichnende Niederlage der Achsenmächte.

"Bagration" wurde wahrscheinlich in Deutschland außerdem noch deswegen nicht erinnert, weil "Stalingrad" sozusagen schon "schmachvoll genug" gewesen ist.

Übrigens ist es mit der Kiewer Schlacht 1941 in der DDR genauso gewesen. Dass die Wehrmacht eine halbe Million Soldaten der Roten Armee einkesselte und die gesamte Südostfront der Roten Armee vernichtete, darüber redete niemand oder nur verklausuliert. Stattdessen wurde das in den Kontext der Schlacht von Moskau gestellt: Der Heldenmut der Verteidiger Kiews habe den Beginn der Operation Taifun um zwei Monate verzögert und diese zwei Monate seien entscheidend gewesen.

Auch in dieser Hinsicht war die Operation "Bagration" nicht "entscheidend". Sie war zweifellos ein glänzendes Manöver der Roten Armee. Aber sie stand vollkommen in der Tendenz der Zeit, die im Fall Berlins ihr logisches Ende fand.
16.06.2021 11:17 Uhr
Zitat:
Weil die Schlacht von Stalingrad dutzende Male medial verarbeitet wurde. Wer also nicht unbedingt ein Crack ist, was Geschichte angeht, kommt nicht unbedingt auf andere Schlachten.


Oha! Die Sowjetunion brachte über einige zehn Jahre hinweg verteilt eine monumentale Filmserie namens "Befreiung" zustande, produziert in den Mosfilm-Studios unter der Regie von Juri Oserow.

Die haben faktisch den ganzen Vaterländischen Krieg noch einmal geführt: Und alle treten sie auf: Stalin, Hitler, Rokossowski, Schukow, Keitel, Manstein, Stauffenberg usw. usw.

Nebst Armeen von Statisten und Massendarstellern.

Die Operation "Bagration", ebenso wie Kursk und Stalingrad spielen da eine zentrale Rolle. Und noch im Jahr 1988 stellten die Mosfilm-Studios die Schlacht um Moskau in zwei Teilen nach: Teil 1: "Die Aggression", Teil 2: "Operation Taifun".

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 16.06.2021 11:18 Uhr. Frühere Versionen ansehen
16.06.2021 11:21 Uhr
@AstraZeneca

Du hast Dich dafür interessiert. Die Kenntnis der Kesselschlacht von Kiew ist wohl auch nichts, was man als reines Laienwissen verbuchen kann.

Kursk als eigentliche Kriegswende und Verlust der deutschen Initiativfähigkeit im Osten ist wohl auch nicht Allgemeinwissen.

Symbolkraft von Stalingrad ist ausreichend.

Bagration hat durchaus eine Bedeutung. Die mannschaftlichen Ausfälle in diesen Monaten waren die höchsten der Wehrmacht während des ganzen Krieges.

Alleine aus diesem Blickwinkel heraus muss man sagen, dass es hier doch eine breite Betroffenheit auch in der Bevölkerung geben müsste.

Nicht nur vom militärstrategischen und historischen Interesse her.
16.06.2021 11:37 Uhr
Zitat:
@AstraZeneca

Du hast Dich dafür interessiert. Die Kenntnis der Kesselschlacht von Kiew ist wohl auch nichts, was man als reines Laienwissen verbuchen kann.

Kursk als eigentliche Kriegswende und Verlust der deutschen Initiativfähigkeit im Osten ist wohl auch nicht Allgemeinwissen.

Symbolkraft von Stalingrad ist ausreichend.

Bagration hat durchaus eine Bedeutung. Die mannschaftlichen Ausfälle in diesen Monaten waren die höchsten der Wehrmacht während des ganzen Krieges.

Alleine aus diesem Blickwinkel heraus muss man sagen, dass es hier doch eine breite Betroffenheit auch in der Bevölkerung geben müsste.

Nicht nur vom militärstrategischen und historischen Interesse her.


Ja, weil ja gerade in der Nachfolge der Operation "Bagration" deutsche Kriegsgefangene in endlosen Kolonnen medienwirksam durch Moskau geleitet wurden. Wobei man ihnen vorher einen gepflegten Dünnpfiff beibrachte. Wahrscheinlich nur zufällig... :-)
16.06.2021 11:40 Uhr
Zitat:
Die Sowjetunion brachte über einige zehn Jahre hinweg verteilt eine monumentale Filmserie namens "Befreiung" zustande, produziert in den Mosfilm-Studios unter der Regie von Juri Oserow.


Das klingt interessant, wurde aber, in der westlichen Hollywoodhemisphäre, glaube ich nicht sonderlich wahrgenommen ;-)
16.06.2021 12:53 Uhr
@AstraZeneca

Man muss hier sehr stark differenzieren. Es sind viele auch in der russischer Kriegsgefangenschaft umgekommen und sind auch viele verurteilt worden, was Unrecht war.

Da kommt die Sowjetunion nicht aus.

Die Sowjetunion hatte teilweise selbst nichts. Da fängt das Problem auch an. Teilweise hört man Heimkehrern, dass sie erzählten, dass die Russen ihnen was zu essen gaben. Teilweise sogar vor der Bevölkerung, wenn es notwendig war, dass die Arbeitskraft erhalten. Es war genauso viel wie die anderen auch bekamen.

Das ist wohl ein Unterschied zur Wehrmacht. Die Wehrmacht hätte nicht 50:50 gemacht, sondern die 1200 Kalorien bei gleicher Kopfanzahl selbst gefressen.

Man hat die Marschunfähigen erschossen und einiges seitens der Russen erlaubt, was nicht unter Kriegsführung reingeht.

Ein Waffen-SSler und späterer Bundesheeroffizier hat in einer Doku gesagt, wer arbeitete, der bekam auch zu Essen. Es war nicht viel. Aber nachdem wie überall in Russland das Essen nach Leistung an Gefangene ausgegeben wurde, war jeder seines Glückes Schmied. Wer sagt, er arbeitet nicht für den Feind, der verhungert halt.

Das ist unmenschlich von den Russen, aber man muss sich wohl auch Realitäten beugen.

Die haben einfach damals im Sommer keine Möglichkeiten gehabt, dass man so ernährt wird, wie es sein sollte. Die Soldaten waren ausgemergelt von den Märschen aus den Regionen der Gefangenennahme.

Die sind wie der Sandler in der Ubahn. Den hat man eine Leberkässemmel gegeben nach Wochen der Darbens. Der hat sich von oben bis unten angeschissen.

So ging es wohl den Soldaten auch.

Versorgungsprobleme frischgefangener Soldaten hatten auch die Westmächte. Das sind bei Gott keine gottlosen germanenmordenen Bolschewiken.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 16.06.2021 12:57 Uhr. Frühere Versionen ansehen
16.06.2021 13:00 Uhr
Die Schlacht von Stalingrad war psychologisch der Wendepunkt des ganzen Krieges. So ist sie aufgefasst worden und so steht sie in den Geschichtsbüchern. Selbst in der französischen Provinz wurden Straße und Plätze nach diesem Ort benannt, wie ich 1981 als Austauschschüler in Limoges/Frankreich feststellen musste, als ich mit einem Male auf der "place Stalingrad" stand.

Die "Operation Bagration" kenne ich als "Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte", sie war die logische Konsequenz aus den Folgen der Schlacht von Stalingrad. Denn schon ab Anfang 1943 galt für die deutsche Front im Osten, dass die Wehrmacht überall auf dem Rückzug war und nur noch begrenzte Gegenschläge führen konnte.

Der Kessel von Falaise fällt in eine ähnliche Kategorie. Mit der Invasion D-Day 1944 war die Front im Westen gegen die Alliierten nicht mehr zu halten.

Insofern: Stalingrad ist die Wendemarke gewesen, der psychologische Effekt ist am stärksten im kollektiven Gedächtnis der Völker.
16.06.2021 13:59 Uhr
Stalingrad hat deshalb besondere Bedeutung, weil es die Wende des Krieges war. Diese Schlacht war von beiden Seiten symbolisch sehr aufgeladen worden. Der sowjetische Sieg hatte ungeheure psychologische Wirkung.
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