Chat-Transkript vom 06.03.2001

Ursula Lötzer (PDS) und Hubertus Heil (SPD),

Thema: Amazon.com : Geschäftsmodell der Zukunft

: Moderator hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum betreten
: Hubertus_Heil hat den Raum betreten
Hubertus_Heil: Guten Abend!
Moderator: Guten Abend Herr Heil, mein Name ist Torsten Marek, Redaktion von dol2day. In wenigen Minuten fangen wir an.
: apemantus_(SII) hat den Raum betreten
Moderator: Hallo Apemantus!
apemantus_(SII): Guten Abend Herr heil und Danke, daß Sie Zeit gefunden haben.
apemantus_(SII): Hi Tosten
Hubertus_Heil: Hallo Herr Marek, hallo apemantus.
: Ursula_Loetzer hat den Raum betreten
Hubertus_Heil: Guten Abend Frau Kollegin Lötzer
Moderator: Guten Abend Frau Lötzer.
apemantus_(SII): Guten Abend Frau Lötzer. Schön, daß Sie kommen konnten.
Moderator: Dann fangen wir jetzt an...
Ursula_Loetzer: Guten Abend Herr Marek und Apemantus, vielen Dank für die Einladung. Ich nehme gerne teil.
Moderator: Mein Name ist Torsten Marek und ich werde heute abend den Chat moderieren. Ich freue mich, Sie heute abend begrüßen zu dürfen.
Moderator: Zu Gast heute abend: Ursula Lötzer (PDS, MdB) und Hubertus Heil (SPD, MdB), Apemantus (Mitglied von dol2day)
Moderator: Ich begrüße auch alle Benutzer, die jetzt live mitlesen und wie immer Fragen an mich richten können, die ich dann in den Chat weiterleite.
Ursula_Loetzer: Guten Abend auch Herr Kollege Heil.
Moderator: Thema des Chats heute abend ist: Amazon.com: Geschäftsmodell der Zukunft
Moderator: Frau Lötzer, ich möchte Sie bitten, sich kurz vorzustellen.
Hubertus_Heil: Fehlt nicht ein Fragezeichen hinter Zukunft?
Moderator: das kann sein!?
Ursula_Loetzer: Gerne. Ich komme aus Köln, also eine der seltenen Westabgeordneten. Ich bin Informatikerin von Beruf und seit 98 MdB, Mitglied im Wirtschaftsausschuss und Unterausschuss Neue Medien.
Moderator: Danke, Frau Lötzer. Herr Heil, wenn Sie sich auch kurz vorstellen könnten.
Hubertus_Heil: Auch gernt
Hubertus_Heil: Ich bin Bundestagsabgeordneter der SPD für den Wahlkreis Gifhorn/Peine in Niedersachsen, seit 98 im Parlament auch Mitglied im Wirtschaftsausschuss und Unterausschuss Neue Medien.
Moderator: Danke, Herr Heil. Apemantus, Du hast den Chat organisiert, könntest Du Dich auch kurz vorstellen und dann gleich ins Thema einsteigen?
apemantus_(SII): Anmerkung: Wir hatten bei der Titelwahl zuerst das Fragezeichen dabei, haben es dann aber hinaus genommen. Weil das regierende Linksbündnis ja die ganze Community vertritt und nicht nur unsere eher linken Anschauungen.
apemantus_(SII): Ich selbst bin Schriftsetzer, Soziologe und Philosoph und arbeite seit 5 Jahrn in verschiedenen Start Ups. Hier bin ich einer der Vorsitzenden der SII.
apemantus_(SII): Mein Frage ist gleich: Was ist neu an Amazon? Ist das ein gewöhnlicher Versandhandel oder eine neue Geschäftsidee.
Hubertus_Heil: Aus meiner Sicht ein Versandhandel, der sich im Wesentlichen neuer Technologien bedient.
Ursula_Loetzer: Es ist sicherlich ein Versandhandel, auf neuem elektronischem Wege, aber auch mit besonderen Bedingungen.
apemantus_(SII): Amazon versucht, zu den Büchern einzelne Rezensionen von Lesern zu sammeln. Das ist zuweilen sehr informativ. Könnte man amazon von daher auch als eine Art Community der Lesenden verstehen?
Ursula_Loetzer: Nur sehr begrenzt. Oft sind die Rezensionen auch als Werbung eher bestellt. Jetzt will Amazon ja auch damit Geld machen, dass er Verlagen den Weg für email öffnet. Ich finde die Rezensionen begleitend manchmal ganz interessant, aber community der Lesenden sehe ich darin nicht.
Hubertus_Heil: Das ist sicher richtig. Aber auch nicht ganz neu. Auch der Bertelsmann Buchclub bietet Community-Gefühl, wenn auch nicht so elektronisch...
Hubertus_Heil: Von intensiver Diskussion über Literatur kann man dabei aber sicherlich noch nicht sprechen.
apemantus_(SII): Ja. Das ist wirklich bemerkenswert. Der anfängliche kostenlose Service wird jetzt von Amazon als Marketing-Instrument genutzt. Will ein Verlag dort eine Inhaltsangabe seines Titels reinbringen, kostet das Geld.
Hubertus_Heil: Das halte ich nicht für verwerflich - schließlich handelt es sich um ein Wirtschaftsunternehmen.
Moderator: Frage von mcjulian an Hubertus_Heil:    "Steht die SPD nicht automatisch mit Unternehmen der sog. New Economy auf Kriegsfuß, z.B. wegen der kompletten Loslösung von Arbeitszeiten, Gewerkschaften etc.?"
Ursula_Loetzer: Das stimmt, soviel ich weiss, 10.000 $. Ausserdem fühle ich mich da als Kundin in meinem Datenschutzrecht verletzt und belästigt, weil ich keine unaufgeforderte Werbung als email haben will und dagegen geschüzt sein will, wenn ich meine Daten einem online Händler gebe.
Hubertus_Heil: Lieber mcjulian, ich sehe keinen prinzipiellen Dissens zwischen new economy und Sozialdemokratie. Auch in Zukunft braucht Wirtschaft ein Ordnungsrahmen - wenn auch einen flexibleren.
Hubertus_Heil: Ich glaube im Übrigen auch nicht, dass new economy KOMPLETTE Loslösung von Arbeitnehmerschutzrechten bedeutet. Gewerkschaften müssen sich wie Politik auch auf die neuen Bedingungen allerdings einstellen.
apemantus_(SII): Das mit den Gewerkschaften sehe ich etwas anders. Bei Amazon haben sich die Beschäftigten in D einen Betriebsrat gewählt, weil sie länger arbeiten müssen und weniger Stundenlohn erhalten. Wenn das kein Grund ist. Und was ist dann New Economy?
Hubertus_Heil: New Economy heißt für mich nicht die Ablösung von Arbeitnehmerrechten. Auch hier muß das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes gelten.
Ursula_Loetzer: Wenn ich als Gewerkschafterin auch was dazu sagen darf. Ich war lange Gesamtbetriebsräten in einem I&K Unternehmen, von daher sind die Probleme nicht neu. PolitikerInnen sind ehér gefordert, die Bedingungen für Interessenvertretung in solchen Unternehmen eher zu verbessern. Der Mythos bei den Angestellten ist vielfach in den letzten Monaten geplatzt.
Ursula_Loetzer: Die Arbeitszeiten sind länger, der Urlaub geringer, die Verdienste bei Amazon geringer als sie in vergleichbaren Unternehmen sind.
apemantus_(SII): Auch die Loslösung von den Arbeitszeiten ist diffizil. Das ist nicht für alle Seiten flexibel. Flexibel hat hier nur der Arbeitübernehmer zu sein. Bei Amazon etwa gibt es über Weihnachten Urlaubssperren.
Hubertus_Heil: Auch die new economy braucht Mitbestimmung. Über die Formen muß man allerdings diskutieren. Die Bedingungen bei Amazon sehe ich im Übrigen genauso kritisch.
Ursula_Loetzer: Gerade die Frage der Arbeitszeiten ist ein grosses Problem in diesenm Unternehmen. Insbesondere für Frauen ist die Situation sehr problematisch, insbesondere wenn sie Kinder haben.
Moderator: Frage von Miles an Ursula_Loetzer:    "ketzerische Frage: GIBT es überhaupt eine New Economy? Die Analysten jedenfalls sind dabei, diesen Begriff zu demontieren - irgendwie müssen sie ja die fallenden Aktienkurse erklären..."
Ursula_Loetzer: Ich denke, die New Economy erweit sich mehr und mehr als nicht so neu, sondern eine allerdings umwälzende Branche für viele Arbeitsbereiche. Die fallenden Aktienkurse sind über diesen Streit allerdings nicht zu erklären.
apemantus_(SII): Ich denke schon ,dass es so etwas wie die New Economy gibt. Ich verbinde das mit Netzwerktechnologien, wie z.B. das Internet. Das ist eine neue Kommunikationsform, deren Marktpotential kaum abzuschätzen ist. Die Aktienkurse würde ich da aber nicht zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen machen wollen.
Moderator: Frage von Miles an Ursula_Loetzer:    "über amazon kursieren ja immer wieder Konkursgerüchte, und schaut man sich die unglaublichen Mengen an bereits verbranntem Kapital an, kann man das nicht für abwegig halten. Aber sind nicht vielleicht diese gigantischen Summen, die dort bislang reingeschossen worden sind, die Garantie für einen Erhalt des Unternehmens?"
Ursula_Loetzer: Eine neue Kommunikationsform sicherlich. Auch eine mit sehr weitreichenden Folgen in allen Bereichen. Das Marktpotential halte ich auch für sehr groß, wei die Entwicklung des ecommerce erst begonnen hat. Daneben kann das Bildungswesen und viele andere Bereiche völlig umgewälzt werden...
Hubertus_Heil: Wir werden es zunehmend mit einer Verschmelzung von old und new economy zu tun haben. Die vor allen Dingen zu mehr Beschleunigung von wirtschaftlichen Prozessen führt. Die aktuellen Aktienkurse halte ich dabei ebensowenig für einen Gradmesser wie den Hype der vergangenen zwei Jahre.
apemantus_(SII): Apropro Aktien. Jeff Bezos hat ja die Gründung von Arbeitnehmervertretungen verboten. Die entsprechenden Mitarbeiter in den USA wurden sofort entlassen. Er meinte, alle hätten ja schon Aktien. Kann Aktienbesitz ein Ersatz für eine solche Arbeitnehmervertretung sein?
Ursula_Loetzer: Gerade weil die Schwergewichte der old economy den ecommerce entdeckt haben, steigt die Bedeutung eher, allerdings zu Lasten der vielen startups und ihrer Beschäftigten.
Hubertus_Heil: Antwort apemantus: In Deutschland haben Arbeitnehmer diese Recht - ob new oder old economy. Man muss sie aber auch durchsetzen!
Ursula_Loetzer: Aktienbesitz kann kein Ersatz für Arbeitnehmervertretung sein. Das haben die letzten Monate denke ich auch den meisten Beschäftigten deutlich gemacht. "Es war ein Mythos" sagte dazu eine Angestellte von Amazon kürzlich treffen.
apemantus_(SII): In D wären die Mitarbeiter auch nicht so entlassen worden.
Hubertus_Heil: An Frau Lötzer: diese Einschätzung halte ich für zu pessimistisch. Wirtschaftlich sehe ich im ecommerce mehr Chancen als Risiken.
Hubertus_Heil: Antwort apemantus: stimmt.
Ursula_Loetzer: Das kann man so nicht sagen. Auch in Deutschland werden noch immer viele Beschäftigte entlassen, weil sie sich für einen Betriebsrat einsetzen. Ein Vertreter eines Internetunternehmens in Deutschland sagte im Wirtschaftsausschuss, wenn seine MitarbeiterInnen einen Betriebsrat wollten , würde er den Betrieb verlagern.
apemantus_(SII): Frage an Herrn Heil: Die Frage ist für mich, wer die Risiken trägt und wer die besten Chancen hat.
Hubertus_Heil: Niemand sollte als Arbeitnehmer zu einer bestimmten Form von Mitbestimmung gezwungen werden. Niemand darf allerdings auch Mitbestimmungsrechte verwehren.
Hubertus_Heil: An Apemantus: Können Sie die Frage konkretisieren?
Hubertus_Heil: Vernünftige Politik muss darauf zielen, dass alle mehr Chancen als Risiken haben.
apemantus_(SII): Ja. Wer in der Nex Economy verliert am meisten, wenn eine Firma scheitert und wer kann dabei sogar noch gewinnen. Etwa durch eine steuerfreie Übernahme.
Hubertus_Heil: Das war aber auch schon in der old economy so, dass das Scheitern von Unternehmen im Wesentlich die Arbeitnehmer auszubaden hatten.
apemantus_(SII): Antwort Frau Lötzer: Meine Erfahrungen sind übrigens dieselben. Ich hatte in drei von vier Firmen keinen Betriebsrat.
Ursula_Loetzer: Aber mit Stock Options verlieren die Beschäftigten doppelt. Den Verlust aus den Aktien und den Arbeitsplatz. Noch dazu haben sie dafür auf Gehalt verzichtet.
Hubertus_Heil: Die Steuerfreistellung der Beteiligungsveräußerung halte ich bei Kapitalgesellschaften für richtig, weil nur so auch Kapital für innovative Ideen mobilisiert werden kann.
apemantus_(SII): Antwort Herr Heil. Ja, das Problem findet damit nur auf einem höheren Niveau statt, weil es ja nicht mehr um *reale* Firmenwerte geht, sondern um börsenbedingte Werte.
Hubertus_Heil: Antwort an Frau Lötzer: Dieses Risiko muss jeder selbst tragen, der sich auf Stock options als Bezahlung einläßt.
Ursula_Loetzer: Wird nicht eher durch die Freistellung der Unternehmensmarkt mit Aufkaufen, aufsplitten und dann wieder gewinnträchtig verkaufen in Schwung gebracht und eine erneute Fusionswelle.
apemantus_(SII): Ja, wer Stock Options akzeptiert, kann dabei auch verlieren. Vorausgesetzt natürlich, er hatte überhaupt die Wahl.
Hubertus_Heil: Antwort an Apemantus: Ich bin mir sicher, dass es in der new economy in Zukunft mehr um reale Wertschöpfung gehen muß. Die Zeit des Goldrausches ist vorbei, jetzt geht es ans Schürfen.
Moderator: Frage von mcjulian an Ursula_Loetzer:    "Sie meinen also, die N.E. wird demnächst wie ein Industriebetrieb laufen, mit Flächentarifverträgen etc.? Ist das vereinbar z.B. mit der Arbeit eines Programmierers oder Webdesigners rund um die Uhr und sonntags? Ist es nicht eher so, daß in vielen solchen Unternehmen die Einschränkungen bei weniger Freizeit, weniger Urlaub eine Selbstbeschränkung sind? Die amazon-Beispiele passen vielleicht nicht so gut, da sie Lager und Versandarbeiten miteinbeziehen, die ja nun nichts mit der N.E. zu tun haben."
Moderator: Frage von Miles an Hubertus_Heil:    "treffen die neuen Gesetze zur betrieblichen Mitbestimmung die Bedürfnisse der Arbeitnehmer in der NE? Wären hier nicht flexiblere Möglichkeiten, die ja nicht weniger Rechte beinhalten müssen, als alternative Wahlformen sinnvoll gewesen, anstelle der alten Lösungen aus früheren Zeiten?"
Hubertus_Heil: An Frau Lötzer: Die Steuerfreistellung führt immerhin zur Belebung des Risikokapitlamarktes in Deutschland. Daran hat es bisher für junge Existenzgründer gemangelt.
apemantus_(SII): Ja. Auch Amazon hat jetzt gerade 15 % seiner Belegschaft entlassen, um *effizienter* zu werden. Selbst die stehen unter Druck. Es sieht in der Tat nach einer Normalisierung zum Üblichen aus.
Ursula_Loetzer: Antwort an Herrn Heil: Es ist die Frage, ob PolitikerInnen diese Form noch fördern, was ja durchaus im Gespräch ist (Stock options). Meiner Auffassung nach sollten sie das nicht tun. Ausserdem hatten die meisten keine Wahl und waren auch etwas von der Entwicklung des letzten Jahres geblendet. Sie dachten sie würden Millionäre und jetzt sind sie doch normale ArbeitnehmerInnen.
Hubertus_Heil: Lieber Miles, die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ist richtig und notwendig. Welchen Teil der Lösung sehen sie denn als alte Lösung.
Ursula_Loetzer: Antwort am mcjulian: Auch Dienstleistungsbetriebe haben Tarifverträge. Ich finde auch in diesen Betrieben ist es ein Recht der Beschäftigten ihre Arbeitsbedingungen und Gehälter auszuhandeln und dafür eintreten zu können, auch mit cden Mitteln des Streiks. Darum geht es ja in Tarifverhandlungen. Wie sie sie dann aushandeln ist ihre Angelegenheit.
Hubertus_Heil: Antwort an Frau Lötzer: das Thema stock options und Besteuerung sehe ich differenzierter. Ich empfinde es nicht als fair, dass auch schon für Optionen Steuern fällig werden und nicht erst für die Kapitalisierung. Hier sehe ich politischen Handlungsbedarf.
Ursula_Loetzer: Noch mal zur Arbeitszeit: Tatsächlich ist es oft Selbstbeschränkung, die aus dem Druck entsteht, dass diese Arbeitszeitbedingungen hier Normalität sind. Ich habe nichts gegen Flexibilität, aber auch im Interesse von Zeitsouveränität, nicht nur im Interesse von Projektterminen.
apemantus_(SII): Besteuerung von Stock Options ist wirklich kompliziert. Da müßte das Finanzamt dann nämlich auch evtl. Verluste ausgleichen. Das eröffnet der Spekulation alle Türen.
Hubertus_Heil: Vorschlag zum Thema stock options: Warum nicht Steuerfreistellung der Optionen und erst Besteuerung bei Kapitalisierung? Habe ich leider noch nicht mit Hans Eichel abgestimmt!! :-)
apemantus_(SII): Antwort herr Heil. Ist gut. Nur das Problem mit der Steuerrückstellung bei Verlusten bleibt noch ;-)
apemantus_(SII): Die Arbeitszeitregelungen übrigens versteht man in der New Economy erst richtig, wenn man mal die Leute angeschaut hat: Alles Männer zwischen 20 und 30, keine Frauen und Kinder schon gar nicht. Das kann also kein Modell für alle sein.
Ursula_Loetzer: Frage an mcjulian: Warum muss eigentlich ein Programmierer oder webdesigner rund um die Uhr arbeiten. Ich finde nicht, dass die Arbeit das in der Regel erforderlich macht. Auch ein Programmierer und webdesigner hat doch noch das Recht auf ein soziales Leben, oder nicht. Viele Beschäftigte in den USA, stellen jetzt beispielsweise fest, dass sie auch mal eine Freundin haben können, die sie nicht nur im Betrieb swehen.....
Hubertus_Heil: Wer seine Aktien verkauft sollte die Erlöse versteuern. Etwaige Verluste zwische Option und Kapitalisierung dürften dann allerdings bei der Besteuerung keine Berücksichtigung finden.
Hubertus_Heil: Antwort an apemantus: Diese Art zu leben sollte auch niemanden vorgeschrieben werden. Wer dazu allerdings für eine begrenzte Zeit bereit ist, sollte es auch machen können.
Ursula_Loetzer: Antwort an Herrn Heil: Diese Art zu leben wird dann normal und in sofern Vorschrift für Beschäftigte in dieser Branche.
Hubertus_Heil: Es gibt Jobs, bei denen kann man den Hammer nicht um 16 Uhr fallen lassen (wie unseren Job, Frau Lötzer). Für Beschäftigte der IT Branche muss allerdings dafür gesorgt werden, dass sie ihr Recht auf Freizeit und Freiraum auch verwirklichen können.
apemantus_(SII): Es besteht da schon ein Druck, auch zwischen den Firmen, der Frauen etwa ausgrenzt. Und die Frauen in den Call-Centern dagegen sind sehr schlecht bezahlt. In MecPom z.B. DM 8 die Stunde.
Hubertus_Heil: An Apemantus: Solche Erscheinungen sind nicht zu leugnen. Hier müssen Gewerkschaften aktiv werden.
Ursula_Loetzer: Hier müssen ergänzend auch PolitikerInnen aktiv werden durch eine Begrenzung von Überstunden z.B.
apemantus_(SII): Antwort Herr Heil. Die IT-Branche fällt wirklich aus dem Rahmen, weil die Technologien noch zu unberechenbar sind. Da läßt sich ein Projekt kaum kalkulieren. Es gibt zuviele Unwägbarkeiten.
Hubertus_Heil: An Frau Lötzer: Ich bin gegen eine gesetzliche Begrenzung von Überstunden. Das müssen die Tarifparteien bzw. die Sozialpartner in den Betrieben miteinander lösen.
Ursula_Loetzer: Das Problem ist, dass Projektplanung schon darauf basiert, dass regelmäßig rund um die Uhr gearbeitet wird.
Hubertus_Heil: Antwort an Apemantus: das ist richtig. Die Branche braucht aber auch Zeit, sich zu entwickeln. Wir sollten sie nicht durch gesetzliche Schnellschüsse strangulieren.
Ursula_Loetzer: Das versuchen die Gewerkschaften ja gerade z.B. im Bündnis für Arbeit und Betriebsvereinbarungen gerade auch in IT Unternehmen. Dazu brauchen sie aber auch politische Unterstützung.
apemantus_(SII): Antwort Frau Lötzer: Ja, das wird mittlerweile mit einkalkuliert. Aber die IT ist so komplex, das kleinste technische Veränderungen ganze Projekte in Frage stellen können. Soviel Puffer zu kalkulieren ist schwierig.
Hubertus_Heil: Es gibt Beispiele wo Arbeitnehmer in Projekten tatsächlich äußerst beansprucht werden, die aber nach Beendigung eines solchen Projekts entsprechenden Freizeitausgleich bekommen. Hier brauchen wir mehr Flexibilität und Kreativität bei der Lösung des Problems.
Hubertus_Heil: Frage an Frau Lötzer: Was meinen Sie konkret mit politischer Unterstützung? Wiedermal ein Gesetz?
apemantus_(SII): Ja, das liefe auf Arbeitszeitkonten hinaus und das ist ein wichtiger Weg.
Ursula_Loetzer: Antwort an apemantus: Das stimmt, allerdings werden solche Puffer oft gar nicht einkalkuliert. Darüberhinaus werden unter dem Druck von Festpreisprojekten und der jetzigen wirtschaftlichen Konkurrenz die Zeitplanungen immer dichter auf Überarbeit ausgerichtet. Ich kenne das aus der IT Branche.
Hubertus_Heil: An Apemantus: Arbeitszeitkonten halte ich für ein gutes Stichwort. Wenn wir dafür den rechtlichen Rahmen verändern müssen wäre ich für kreative Vorschläge an hubertus.heil@bundestag.de dankbar.
apemantus_(SII): Antwort Frau Lötzer. Meine Erfahrungen sind regelmäßig dieselben. Ein Wunder, daß ich heute überhaupt hier bin ;-)
Moderator: Unsere offizielle Zeit ist leider abgelaufen. Falls Sie alle einverstanden sind, machen wir noch ein wenig weiter?
Ursula_Loetzer: An Apemantus: Arbeitszeitkonten alleine lösen das Problem nicht. Man muss unterschiedliche Arbeitszeiten möglich machen, die z.B. auch Frauen mit Kindern eine Arbeit in Projekten ermöglichen und diese Fragen einbeziehen. Von mir aus machen wir gerne noch weiter.
apemantus_(SII): Es macht Spaß. Von mir aus sehr gerne. Könnte der Moderator ein wenig Ordnung hinein bringen. Das ist hier auch schon wie in einem IT-projekt :)
Hubertus_Heil: Liebe Community: ein praktisches Beispiel dafür, dass auch ich arbeite um zu leben, und nicht andersrum: ich habe noch eine Verabredung mit meiner Freundin. Für weiteren Dialog unter angegeben Email stehe ich gerne zur Verfügung. Vielen Dank für die interessante Diskussion und alles Gute.
apemantus_(SII): Arbeitszeitkonten sind ein wichtiger Weg. Aber nicht für alle. Nicht jeder kann über seine Arbeitszeit frei disponieren. Deswegen auch mein hinweis auf Frauen und Kinder. Ich glaube, da sind wir uns hier aber einig.
Ursula_Loetzer: Das sehe ich auch so.
apemantus_(SII): Schade und Danke für das angehmme Gespräch mit Ihnen. Auf Wiedersehen.
apemantus_(SII): Wollen wir weiter noch ein wenig weiter machen, Frau Lötzer?
: Hubertus_Heil hat den Raum verlassen
Moderator: Vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Heil.
Ursula_Loetzer: Ja von mir aus gerne.
Ursula_Loetzer: Haben sie denn noch Fragen oder Meinungen, die sie gerne noch diskutieren würden?
apemantus_(SII): Mich interessiert noch eine weitere Frage im Zusammenhang mit der New Economy. Könnte die netzwerkartige Struktur dazu führen, daß Mitarbeiter gleichberechtigter sind?
Moderator: Dann würde ich vorschlagen, wir verlängern noch bis 21:30 Uhr...
apemantus_(SII): Also das die Netzwerke zu einer zunehmenden Demokratisierung führen?
Ursula_Loetzer: An den Moderator: in Ordnung.
apemantus_(SII): Jou
Ursula_Loetzer: An apemantus: Ich bin mir da nicht sicher. Einerseits haben solche Netzwerkstrukturen sicherlich die Möglichkeit der Demokratisierung, auch ganz andere Kommunikationsformen und interessante Arbeitsbeziehungen einzubeziehen. Andererseits können sie auch die sozialen Beziehungen zwischen Beschäftigten und ihre Vertretung durch die Auflösung der betrieblichen Räume und Nähe zerstören.
apemantus_(SII): Ein zweischneidiges Schwert wie immer. Ich kam darauf, weil das VW mal in Uvala probiert hat. Die Arbeitnehmer wurden dann so selbstbewußt, daß VW das Werk geschlossen hat. Obwohl es eines der profitabelsten war!
Ursula_Loetzer: Das wäre sicher mal interessant sich genauer anzusehen. Aber es gibt denke auch auch das Problem, dass diese Möglichkeiten auch genutzt werden können MitarbeiterInnen unter Druck zu setzen, weil die Möglichkeit sie zu ersetzen sehr viel höher ist.
Ursula_Loetzer: Ich finde es müsste damit verbunden werden, dass sie auch als Individuen mehr Rechte über Entscheidungen in Projekten .... bekommen.
apemantus_(SII): In Uvala wurde damals das mittlere Management quasi versetzt. Projektleiter und *einfache* Arbeiter rotierten auf den Funktionen. Das hat eine starke Mitsprache im jeweiligen Funktionsbereich eingeschlossen.
Ursula_Loetzer: Wenn es damit verbunden ist, kann ich mir eine Stärkung dadurch vorstellen. Hat diese Mitsprachemöglichkeit auch die Planung und den Einsatz in Projekten mit einbezogen?
apemantus_(SII): Sie hatten vorhinschondie Datensicherheit bei Amazon angesprochen. Ein problem des gesamten e-commerce. Wie kann man hier Lösungen finden, um die User zu schützen?
Ursula_Loetzer: Ich denke es braucht eine Datenschutzregelung, die die Benutzer und Kunden schützt. Also: die die Weitergabe von Daten ausschließt. die ein Recht der Kunden beinhaltet, wenn dagegen verstossen wird, auch dagegen vorzugehen. Auch ein Recht des Ausschlusses von unaufgeforderter Werbung. Gerade im Internet bestimme ich, welche Informationen und Kommunikationen ich will. Davon muss die Regelung ausgehen.
apemantus_(SII): Bisher kann ich gegen solche illegalen Datensammlungspraktiken wie bei Amazon nur protestieren, indem ich dort nicht einkaufe. Ist hier nicht der Gesetzgeber gefordert?
Ursula_Loetzer: Ja. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert, den Datenschutz an diese Möglichkeiten anzupassen, damit nicht nur die Lösung bleibt, nicht auf die Vorteile des ecommerce zu verzichten und damit dagegen zu protestieren.
apemantus_(SII): Oder anders herum: sind solche Praktiken legitim, wenn sie dem Kunden dienen . Kann man das mit dem guten Gedächtnis eines Buchhändlers vergleichen?
apemantus_(SII): Also so verteidigen sich die entsprechenden Unternehmen immer.
Ursula_Loetzer: Der Kunde kann und muss selbst entscheiden können, was ihm dient. Er kann das Internet und die Möglichkeiten bei Amazon nutzen, um es in der Weise auch herauszufinden. Die Möglichkeiten sind ja sehr vielfältig. Amazon kann nicht entscheiden was mir als Kundin nützt. Es geht davon aus ihren Nutzen, mit meinen Daten Geschäfte zu machen, zu meinem zu definieren. Davor muss eine gesetzliche Regelung schützen.
apemantus_(SII): Danke :) Meine zweite Frage dazu kam leider etwas spät ;-)
apemantus_(SII): Jetzt ist die Uhr langsam wirklich abgelaufen.
Ursula_Loetzer: Das stimmt. Aber es war interessant und hat Spass gemacht.
Moderator: Dann kommen wir jetzt langsam zum Ende... Ich habe noch eine letzte Frage:
apemantus_(SII): Den Spaß hatte ich auch. Ich bedanke mich bei unseren Gästen für dieses schöne und intensive Gespräch. Und sorry noch mal bei Frau Lötzer, die durch ein Versehen mit einem falschen Aufgabengebiet angekündigt wurde. Richtig ist, dass sie als Bundestagsabgeordnete der PDS auch für die Wirtschaft zuständig ist.
apemantus_(SII): Sorry. War kein Schlußwort.
Moderator: Frage von Redskin an Ursula_Loetzer: "sollen nichtkommerzielle internetanwendungen wie dol2day, die eine demokratie simulieren, nicht vom bundestag gefördert werden?"
Ursula_Loetzer: Bitte fragen sie ruhig noch.
Ursula_Loetzer: Ich fände es gut, solche Projekte, die gerade eher der Meinungsbildung, Diskussion und Kommunikation im nichtkommerziellen Bereich dienen auch zu fördern. Das wäre ein guter Schritt in Richtung Nutzung des Internet für die Demokratisierung.
Ursula_Loetzer: Ich werde mal prüfen, wie die anderen im Unterausschuss Neue Medien das sehen.
Moderator: Wir würden uns auch freuen. Vielen Dank, Frau Lötzer daß Sie sich die Zeit genommen haben. Danke auch an Dich, Apamentus für die Organisation des interessanten Chats und ebenso an alle, die sich mit ihren Fragen beteiligt haben.
apemantus_(SII): Es wäre übrigens auch aus der Sicht einer Verteilungsgerechtigkeit nur in Ordnung. e-commerce erfährt zahlreiche Förderunge, e-government noch nicht so sehr.
apemantus_(SII): Danke Torsten und den Fragestellern. Und Danke noch mal an Frau Lötzer, die für Arbeitszeitregelungen gekämpft hat, indem sie eine halbe Stunde rangehängt hat :)
Ursula_Loetzer: Einen schönen Abend noch, und vielleicht mal wieder zu einem weiteren Thema. e-goverment wird bisher mehr als Rationalisierung der Verwaltung mittels Internet betrieben und Anwendungen für die bürokratischen Angelegenheiten. Solche Projekte, wie kann Demokratie dadurch gestärkt werden, sind da bisher nicht drin. Tschüs, aus der IT Branche bin ich das ja auch gewohnt, nicht erst als Abgeordnete. Auch da habe ich für Arbeitszeitregelungen gekämpft.
Moderator: Wir würden uns sehr freuen, Sie bald wieder begrüßen zu dürfen! Damit verabschiede ich mich auch. Vielen Dank noch einmal und auf Wiedersehen!?
: Ursula_Loetzer hat den Raum verlassen
apemantus_(SII): Auf Wiedersehen!
apemantus_(SII): Schönen Abend noch Torsten
Moderator: Tschüss.
: apemantus_(SII) hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum verlassen