Chat-Transkript vom 05.03.2002

Andrea Fischer, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, Ministerin a.D., Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft u. Technologie

Thema: Gentechnik als Technologie des III Jahrtausends/Chancen und Risiken

: Moderator hat den Raum betreten
: il_verde hat den Raum betreten
il_verde: Hi, wer moderiert heute?
il_verde: Nochmals an alle MitleserInnen- es geht erst um 17:30 los
: Erlan hat den Raum betreten
Moderator: Hallo, ich werde moderieren, Oliver. Melde mich um 17:30 wieder.
il_verde: Und, Erlan, wie geht's?
Erlan: Gut... aber ich bin jetzt "absent" in diesem Chat - und erst kurz vorher kurz wieder da.
: Erlan hat den Raum verlassen
: Erlan hat den Raum betreten
Moderator: Dauert der Chat dann bis 19 Uhr?
il_verde: Ich glaube nicht
: Andrea_Fischer hat den Raum betreten
il_verde: Guten Abend, jetzt dürften wir vollständig sein.
il_verde: Wollen Sie sich zuerst bitte vorstellen
Andrea_Fischer: Nun ja, wir werden ja vielleicht noch mehr?!
Erlan: Nein, eigentlich ist das nicht geplant - Chatgast, Moderator, Chatorganisator und Regierungsvertreter - alle da... und teilweise sogar in Personalunion. ;-)
il_verde: Der Rest liest mit- sie tauchen beim Zähler nicht auf
il_verde: Der Rest liest mit- sie tauchen beim Zähler nicht auf
il_verde: Der Rest liest mit- sie tauchen beim Zähler nicht auf
il_verde: Der Rest liest mit- sie tauchen beim Zähler nicht auf
il_verde: So jetzt hat Server auch seinen Streich gespielt- hoffen, dass es der einzige war.
Andrea_Fischer: Das heißt, die Bitte um eine Vorstellung richtete sich an mich, weil alle anderen bekannt sind?
il_verde: Eigentlich an alle- aber die Gäste dürfen immer zuerst
Erlan: Die Bitte richtete sich an alle - aber primär natürlich an sie... auch im Internet sind wir höflich und wie heißt es doch so schön: Ladies first. :)
Andrea_Fischer: OK, gerne. Ich bin grüne Politikerin, seit acht Jahren im Bundestag (und ab Herbst nicht mehr), lange Zeit Sozialpolitikerin der Grünen, zur Zeit die Leiterin der Arbeitsgruppe Gentechnik in der grünen Bundestagsfraktion. More infos wanted?
Erlan: Mein Name ist Erlan (im RL: Jens), ich bin 24 Jahre alt und hier bei dol2day der im November 2001 gewählte Internet-Kanzler.
Moderator: Hallo erstmal, tut mir leid, mein Rechner ist abgestürzt.
il_verde: Ich heisse Michael Joukov, bin 20, Mitglied der Grünen im Internet (und außerhalb) und der Minister für Chat und RL-Aktionen der Regierung Erlan (noch vier tage im Amt).
Moderator: Schön, mein Name ist Oliver, ich werde heute die Fragen unserer Benutzer in den Chat leiten.
Erlan: Nicht mehr im Bundestag? Haben Sie nicht noch einen nachrangigeren Platz der Berliner Reserveliste erringen können?
il_verde: Nee, ich denke, es reicht vorerst. Wann bekommen wir die Eierlegende Wollmilchsau, Frau Fischer?
Andrea_Fischer: Nein, habe ich nicht. Also Schluß mit Politik als Beruf.
Andrea_Fischer: Die bekommen wir nicht. Auch wenn die Wissenschaftler uns manchmal die schöne neue Welt versrpechen. Tatsächlich wird es wohl so bald nix mit der SciFi
Erlan: Das tut mir leid für sie. :-(
il_verde: Sie sind also skeptisch, was das Paradies auf Erden durch Gentechnik angeht?
Moderator: Bedauern sie das?
Andrea_Fischer: Was? Das mit dem Ende der Politik als Beruf oder das mit den kleinen Monstern?
Erlan: <-- verabschiedet sich jetzt aber auch schon, denn ich habe noch einen Termin wo ich hoffentlich den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck davon überzeugen kann, zu einem dol2day-Chat zu kommen. Aber ich wollte sie halt noch persönlich im Namen der Regierung und der gesamten dol2day-Community begrüßen.
Moderator: Die "kleinen Monster" meine ich...aber hat sich ja damit erledigt :)
Moderator: Ciao Erlan.
il_verde: Cu
Erlan: Bis dann, und noch viel Spaß beim Chat!
Andrea_Fischer: Ich Tschüs ERlan und danke für die Begrüßung!!
: Moderator hat den Raum verlassen
il_verde: Der dt. Bundestag hat die Einfuhr embrionaler stammzeller ermöglicht. Wie stehen Sie dazu?
Moderator: Inwiefern sehen Sie Risiken bei der Gentechnik? Abgesehen von den ethischen Problemen.
: Moderator hat den Raum verlassen
Moderator: Bin noch da.
Andrea_Fischer: Ich war selber an diesem Kompromiß beteiligt. Wir wollen zulassen, das ES-Zellen eingeführt werden dürfen, die früher schon gewonnen wurden. Aber keine Embryonen sollen in der Zukunft getötet werden. Ich halte das für vernünftig. Für die Forschung wurde ein kleines Fenster für die Grundlagenforschung eröffnet, aber die strengen ethischen Maßstäbe gelten weiterhin
Andrea_Fischer: Zur zweiten Frage: Es gibt auch andere als ethische Risiken. Die neuen gentechnischen Verfahren sind noch sehr neu für die Anwendung am Menschen und da ist noch vieles ungeklärt. Und ganz riskant ist das Klonen von Menschen, viele Forscher vermuten, dass dabei schwer geschädigte Menschen entstehen werden.
il_verde: Nun gibt es viele, die deswegen den Teufel an die Wand malen- und prophezeien, wir würden die Zukunft verpassen, wenn wir hier Auflagen machen. Ist da doch vielleicht was dran?
Moderator: Hallo, mein Name ist Torsten Marek, ich werde den Chat jetzt weiter moderieren.
Andrea_Fischer: Auf jeden Fall werden damit einige Wege schmaler gemacht als in anderen Ländern. Allerdings ist offen, wie sehr das schadet. Vielleicht wird sich eines Tages erweisen (Hallo, neuer Moderator), dass die Forschung an den unbedenklichen erwachsenen Stammzellen viel weiter führt als die an den embryonalen Stammzellen.
Moderator: Frage von Nyger an Andrea Fischer:    "Wo ist da die Logik, etwas zu verbieten, und das Resultat der verbotenen Handlung aus dem Ausland einzuführen?"
il_verde: Um beim Stichwort adulte Stammzellen zu bleiben- wieso bleibt dieser Teilbereich eher ausserhalb des Medieninteresses?
Andrea_Fischer: Wir wollen nicht einsteigen in den Verbrauch von Embryonen zu Forschungszwecken. Deswegen das Verbot für die Zukunft. Aber im Nachhinein können wie die Tötung ja nicht mehr rückgängig machen bei den bereits existierenden Zellen. Hundertprozent logisch ist das nicht, aber es ist ja auch ein Kompromiss zwischen den sehr hart kontroversen Positionen.
Andrea_Fischer: Ich glaube, die Medien haben schon eine Neigung, sich auf die spektakulären Fragen zu konzentrieren. Und die Wissenschaftler haben in den letzten Monaten sehr massives Lobbying gemacht für die ES-Zellen und dabei auch manche sehr weitgehenden Versprechen abgegeben.
il_verde: Die Segnungen der Gentechnik sind ja in (fast) jedem Supermarkt zu finden. Mit den Nachteilen wird es schwieriger. Gibt es sie überhaupt?
Andrea_Fischer: Die Nachteile sind manchmal nur schwer zu bestimmen. Denn wir manipulieren am Innersten des Menschen herum und werden vielleicht erst in fernerer Zukunft rausfinden, welche (unbeabsichtigten) Folgen das haben wird.
Moderator: Frage von JakobSwehn an Andrea Fischer:    "Werden sich die dt. Forscher nicht immer wieder mit neuen Embryonen aus dem Ausland eindecken?"
il_verde: Ist es vielleicht zu dick aufgetragen? Es geht doch (voerst) nur um ertragreicheiren Mais, Soja und Co.
Andrea_Fischer: Völlig ausschließen kann ich die Gefahr nicht. Aber die meisten Forscher sind seriöse und auch gesetzes treue Menschen. Und sie veröffentlichen ihre Ergebnisse, dabei müssen sie auch Auskunft darüber geben, an welchem Material sie arbeiten. So glaube ich, dass gerade die große Öffentlichkeit in der wissenschaftlichen community ein Schutz gegen Mißbrauch ist.
Andrea_Fischer: Ich wollte nicht dick auftragen, dachte, die Frage bezieht sich auf die "rote" Gentechnik, also die am Menschen. Die "grüne" Gentechnik, die an PFlanzen, ist vor allem ökologisch risikoreich. Auch hier wissen wir nicht, was die langfristigen Folgen für die biologische Vielfalt sein werden. Für Menschen ist es nur dann ein Problem, wenn sie zum Beispiel eine Allergie haben und nicht wissen, dass die Sachen, die sie gerade essen, auch noch gentechnisch manipulierte Bestandteile enthalten, auf die sie vielleicht allergisch reagieren.
il_verde: Aber ist diese Öffentlichkeit nicht auch ein grosses Risiko? Vor rund drei Jahren wurde ein Forschungsbericht veröffentlicht, der als Bauanleitung für Killerbakterien dient. Und es gibt evtl. Menschen, die dies auch tun werden
Andrea_Fischer: Das gilt für die gesamte Biotechnologie. Man kann damit viel segensreiches machen, aber eben auch beträchtlichen Schaden anrichten. Was die Sache insbesondere heikel macht, ist, dass die Voraussetzungen für bioetechnolgische Forschung sehr gering sind. Man braucht nur kleine unauffällige Labors. wenn man ein AKW bauen will, kriegt es jeder mit... Aber das ist so mit der Technik schon immer gewesen - man kann ein Messer zum Brotschneiden einsetzen und ebenso zum Mord.
il_verde: Können nationale Regierungen denn noch einen Einfluss ausüben? Joschka Fischer hat als Hessischer Umweltminister Veto zum Bau einer Humaninsulinfabrik eingelegt. Mit dem Ergebnis, dass sie in Frankreich gebaut wurde, 6 km. von der Grenze zu Hessen entfernt
Andrea_Fischer: Grundsätzlich brauchen wir dafür internationale Standards und Verabredungen, gerade weil die Forschung international ist und weil die Technologie so leicht zu transferieren ist. Aber trotzdem müssen wir uns hier in unserem Land darauf miteinander verständigen, was w i r denn wollen, dann kann man mit anderen Ländern über gemeinsame Standards reden.
il_verde: Was WIR wollen ist ein gtuest Stichwort- können denn nicht-Fachleute überhaupt noch mitreden?
Andrea_Fischer: Ich finde eigentlich, dass wir in den letzten Monaten eine erstaunlich breite Debatte hatten, gemessen daran, wie kompliziert das Thema ist. Sie fragen doch auch sehr informiert
Moderator: Es gibt einige Fragen aus der Community, die ich jetzt stellen möchte...
Moderator: Frage von Der_Linke an Andrea Fischer:    "Ignoriert wird die Forschung an adulten Stammzellen doch nicht nur von den Medien, sondern sie haben es auch schwerer, an Fördergelder zu kommen"
Moderator: Frage von Der_Linke an Andrea Fischer:    "bzw: Warum wurden die adulten stammzellen nicht als Alternative zur embryonalen gestellt?"
Andrea_Fischer: Das hat sich inzwischen schon geändert. Aber es stimmt schon, dass sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft sehr darauf konzentriert hat, die Erlaubnis für embryonale Stammzellen zu erhalten, anstatt die Kollegen richtig zu unterstützen, die an den Alternativen arbeiten.
il_verde: @Moderator: kommt noch mher?
Moderator: Frage von ciko an Andrea Fischer:    "Sind Sie der Meinung, dass Stammzellen als Lebewesen, bzw. als Menschen angesehen werden können?"
Andrea_Fischer: Außerdem geht es den Forschern um den Vergleich. Dafür habe ich sogar Verständnis. In der Grundlagenforschung sucht man ja gerade nach den Basiserkenntnissen, da kann man im Vorhinen nicht wissen, was sinnvoll ist und was nicht.
Andrea_Fischer: Nein, Stammzellen sind keine Menschen, sie können sich nicht mehr zum Menschen entwickeln. Das Problem liegt darin, dass für die ES-Zellen Embryonen getötet werden müssen. Und Embryonen sind nach meinem Verständnis Menschen in einem frühen Stadium, die daher auch geschützt gehören.
Moderator: Frage von JakobSwehn an Andrea Fischer:    "Hätte man nicht konsequenterweise die Einführung von embr. Stammzellen verbieten müssen?"
Moderator: Frage von Phuell an Andrea Fischer:    "werden die harten auflagen,die der embryonenimport heute noch hat, in 10,20,30 jahren abgesenkt sein??"
Moderator: Frage von Nyger an Andrea Fischer:    "Sie sprechen von einer Tötung von Embryonen zur ES-Zellengewinnung. Wie würden sie den Status von Embryonen im frühen Stadium sehen?"
Andrea_Fischer: An Jakob: Habe ich oben schon einmal gesagt: Ich finde, in einer so strittigen Frage ist es richtig, dass wir in einer pluralistischen Geselllschaft Kompromisse machen. Und unseren Kompromiss finde ich richtig, weil er einerseits der Grundlagenforschung eine Türe öffnet, aber nicht das ganze Haus abreißt.
Andrea_Fischer: An Phuell: Wer kann das sagen? Ich halte es für denkbar, dass sich die Maßstäbe in unserer Gesellschaft verschieben.
il_verde: Stichwort PID: ist es eine Chance für die Gesellschaft oder eine psychische Belastung für die Frauen? (öffentlicher Druck)
Andrea_Fischer: An Nyger: Menschliches Leben beginnt mit der Befruchtung. Das ist unstrittig. Strittig ist, welchen Status wir diesem Leben zubilligen wollen. Ich will keinen abgestuften Lebensschutz (also etwa erst voller Lebensschutz ab dem 14. Tag), denn wenn wir einmal nach Nutzengesichtspunkten anfangen, den Lebensschutz zu staffeln, dann haben wir auch in Zukunft keine Maßstäbe mehr.
Andrea_Fischer: Manche Eltern, manche Frauen wünschen heute eine PID; weil sie sicher ausschließen möchten, dass ihr Kind krank sein könnte. Sie empfinden das als Gewinn. Aber ich kann mir gut vorstellen, wenn das Verfahren einmal eingeführt und immer mehr angewandt wird, dass es dann rechtfertigungsbedürftig für die Eltern wird, wenn sie dennoch ein behindertes Kind bekommen und das sogar wollen. Darin sehe ich eine der größten Gefahren durch die PID.
Moderator: (eine kurze zwischenfrage - Frau Fischer, bis wann werden wir heute mit Ihnen chatten: 18:30h oder 19Uhr?)
il_verde: Was sind die polit. Konsequenzen für Sie?
Andrea_Fischer: Bis um 19.00 Uhr, aber dann muss ich wirklich weg.
Andrea_Fischer: Ich werde weiter argumentieren, dass wir nicht alles tun sollten, was wir tun könnten. Ich wünsche mir, dass wir mindestens ebenso viele Energien darauf verwenden, uns um die Unterstützung von behinderten Kindern und ihren Eltern zu kümmern, wie wir jetzt Energie darauf verwenden, über die Vermeidung von behindertem Leben zu diskutieren!!!
il_verde: Gut gesagt! Nach der Abstimmung um die Einfuhr von Stammzellen ist es etwas ruhiger um's Thema geworden. Womit beschäftigen Sie und Ihre Kollegen im den Ausschüssen jetzt?
Andrea_Fischer: Die Gruppe von Abgeordneten, deren Antrag bei der abstimmung durchgekommen ist, macht gerade das Gesetz zur Umsetzung. Montag haben wir Anhörung dazu.
Moderator: gut, danke!
Andrea_Fischer: ??? Sind wir fertig?
Moderator: nein, danke, für ihre Bereitschaft bis 19 Uhr zu chatten :)
il_verde: Zurück zu "grüner" Gentechnik- wie gross ist noch die Chance, beim "herkömmlichen" Essen kein genverändertes Material zu konsumieren
Andrea_Fischer: Zur Zeit noch sehr groß, denn die EU hat sehr strenge Regeln. Und wir kämpfen derzeit für eine ebenso strenge Regel zur Kennzeichnung, so dass die Verbraucher wissen, was sie kriegen und ggfs. nein sagen können.
il_verde: Eines der Versprechen der "grünen" Gentechnik ist es, das Welthungerproblem zu lösen. Wie sehen Sie das?
Andrea_Fischer: Ganz ist das nicht von der Hand zu weisen, wenn es etwas gelingt, größere Erträge zu erzielen. Aber grundsätzlich ist das Hungerproblem ein ökonomisches und ein politisches. Die größten Versorgungsprobleme sind in Ländern mit Diktaturen (Nordkorea!!) oder mit schändlichen Systemen, in denen sich die Reichen bedienen. Und wir tragen auch unseren Teil dazu bei, indem wir es den armen Ländern schwer machen, wirtschaftlich mit uns zu kooperieren, so dass ihre Entwicklungsmöglichkeiten beschnitten werden.
il_verde: Was war Ihre erste Reaktion, als die Ankündigung kam, das menschliche Genom sei entschlüsselt worden?
Andrea_Fischer: Das hat mich ebenso fasziniert wie die meisten Menschen. Denn je mehr wir von uns wissen, umso mehr können wir uns selber helfen.
il_verde: Also sollte hier auch weitergeforscht werden?
Andrea_Fischer: Natürlich! Jetzt sind ja erst die Buchstaben entdeckt worden, nun muss ein Alphabet draus werden und danach ein Text.
Moderator: Frage von torex an Andrea Fischer:    "Wo wird sich die Bio-Politik Deutschlands in den nächsten Jahren hinbewegen? Ist es schon absehbar, dass die kürzlich gefallene Bundestagsentscheidung entsprechend zugunsten der Forschung bald augeweicht wird?"
Andrea_Fischer: An torex: Das kann ich schwer vorhersagen. Manche Forscher und auch manche POlitiker maulen jetzt, wir hätten zu wenig zugelassen. Aber die Mehrheit war wirklich sehr groß, die sich für strenge Regeln ausgesprochen hat. Es liegt an uns, der Versuchung zu widerstehen, wegen schöner Versprechen alle ethischen Grenzen nieder zu reißen. Allerdings zeigt uns die Menschheitsgeschichte, dass die Menschen sich mit der Selbstbeschränkung schwer tun, wenn es um ihre Gesundheit geht...
il_verde: Ihre (und meine (-;) Partei hat nach wie vor den Ruf, das Thema Gentechnik aus Ideologie mit Scheuklappen zu betrachten. Ist da was dran?
Andrea_Fischer: Ich finde nicht mehr - und ich hoffe, dass ich das bislang hier im Chat unter Beweis gestellt habe ;-)
Andrea_Fischer: Wir gucken sehr sorgfältig, was von Nutzen ist und wo wir auch Grenzen setzen sollen und wollen.
il_verde: Was sind denn die polit. Visionen diesbezüglich?
il_verde: Halten Sie die Lösung mit dem "Nationalen Ethikrat" für geeignet
Andrea_Fischer: Darauf kann ich nur schwer ganz konkret antworten. Natürlich hoffe ich - wie sicher die meisten Menschen -, dass wir Therapien und Hilfen für die großen Krankheiten entwickeln. Und ich will gleichzeitig dafür kämpfen, dass wir uns als Gattung nicht bis zur Unkenntlichkeit, bis zur Unmenschlichkeit selber verändern. Wir müssen auch in Zukunft mit Krankheit und Behinderung leben und vor allem müssen wir diejenigen, die krank und behindert sind, auch dann noch mit Respekt behandeln, wenn wir medizinisch weiter sind.
Andrea_Fischer: Ach, der nationale Ethikrat. Er hat uns eine Mehrheits- und eine Minderheitsmeinung mitgeteilt. Das wußten wir aber doch schon vorher, dass es dazu verschiedene Meinungen gibt... Er leistet Beiträge zur Debatte, aber die Entscheidung kann er uns nicht abnehmen.
il_verde: Entscheidungen haben also weiterhin die MdBs zu treffen. welche Partei steht denn eigentlich für was?
il_verde: (Erfahrungen aus den Ausschüssen)
Andrea_Fischer: Die FDP steht für laissez faire, alles was möglich ist, soll auch erlaubt sein. Die Grünen stehen für strenge Regeln, die insbesondere die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens achten sollen. In der SPD ist eine deutliche Mehrheit für mehr Forschung und weniger strenge Standards des Embryonenschutzes, in der CDU ist eine deutliche Mehrheit für den Embryonenschutz. Aber in beiden großen Parteien tobt der Streit, viel heftiger als in den kleinen.
il_verde: Und wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit ihrer Nachfolgerin?
Andrea_Fischer: Tabuthema!!!
il_verde: Einverstanden
il_verde: Dann nochmal zu "grüner" Gentechnik- was bedeutet sie für die einheimischen Landwirte?
Andrea_Fischer: So, wie die STimmung derzeit unter den Verbrauchern ist, ist sie eher ein Risiko für die Landwirte. Denn die absolute Mehrheit der Bevölkerung will keine gentechnisch manipulierten Lebensmittel. Also lassen sie sich auch nciht verkaufen. Allerdings erhoffen sich dennoch viele Landwirte, dass ihnen die Manipulation vielleicht Arbeit erspart (weil zum Beispiel keine Insektizide mehr gespritzt werden müssen). Unter dem Strich aber finde ich, dass in einem überversorgten Land wie dem unseren viel mehr gegen Gentechnik spricht und mehr für eine Rückkehr zur klassischen Produktionsweise. Das schmeckt doch meisten auch viel besser als diese optimierten Tomaten :)
Moderator: es gibt wieder einige Fragen aus dem Publikum...
Moderator: Frage von Nyger an Andrea Fischer:    "Zum Ethikrat: Wie wurde der besetzt? Nach welchen Kriterein? Und warum brauchen wir den? Wir haben doch schon die Enquete-Kommission."
Andrea_Fischer: An Nyger: Der Kanzler persönlich hat den Rat besetzt, und er hat sich zwar auch darum bemüht, Kritike einzubinden, aber doch dafür gesorgt, dass die Mehrheit eher zu den Befürwortern der neuen Verfahren gehört. Und der Ethikrat war bewußt als Gegenveranstaltung zur Enquete-Kommission gedacht. Unterm Strich aber hat sich erwiesen, dass die unterschiedlichen Stellungnahmen der verschiedenen Kommissionen zwar mehr oder minder wertvolle Beiträge zur Debatte lieferten, am Ende aber unabhängig vom Parlament entschieden wurde. Und das ist gut so!
Moderator: Frage von torex an Andrea Fischer:    "Eine Frage zu den Grünen: Sie sind selbst nicht mehr aufgestellt worden auf einem Top-Listenplatz, Ströbele auch nicht. Ist das jetzt der Beginn einer neuen Grünen Partei 2002?"
Moderator: Frage von Angélique an Andrea Fischer:    "Frau Fischer, was glauben sie, wie groß sind die Chancen der grünen, im September wieder in einer Kolaition zu regieren, denn nach dem Pro Votum der Grünen zum Einsatz in Afghanistan, haben sich einige dazu entschieden die Grünen nicht mehr zu wählen, mich eingeschlossen."
Moderator: Frage von Angélique an Andrea Fischer:    "Verkaufen die Grünen ihre Ideale um regieren zu können, inwieweit unterscheiden sie sich den von anderen Parteien, wenn auch die Grünen durch die PID der Selektion die Türen öffnet?"
Andrea_Fischer: An torex: Ich nehme mich nicht so wichtig, dass ich glaube, die Partei verändere sich allein dadurch, dass ich nicht mehr aufgestellt wurde.
Andrea_Fischer: An Angelique: Nein, ich finde das eine zu polemische Sicht auf die Kunst des Kompromisses. Eine kleine Partei kann - allein schon aus grundsätzlichen demokratischen Erwägungen - nicht erwarten, ihr Programm zu hundert Prozent umzusetzen. Aber eine grüne Handschrift muss erkennbar sein. Und ich finde, die gibt es. Was den Krieg betrifft: Schon lange vor der Regierungsbeteiligung, die ganzen neunziger Jahre hindurch, haben wir uns mit der Frage geplagt, ob es nicht Situationen geben kann, in denen man um unserer grundsätzichen Werte willen auch militärische Mittel einsetzen muss. Das hat mit der Regierungsbeteiligung nicht erst begonnen.
il_verde: Werden Sie Ihr politisches Engagement nach dem 22 Septmer auf Null herunterfahren oder sich weiterhin parteiintern engagieren?
Andrea_Fischer: Ich kann mir nur schwer vorstellen, gar nicht mehr politisch aktiv zu sein. Die meisten Grünen engagieren sich doch ehrenamtlich in der Politik, also werde ich das sicher auch tun. Wo und wie hängt davon ab, was ich beruflich danach mache.
il_verde: D.h., Sie werden evtl. auch für die Liste 2006 kandidieren? Oder reichen Ihnen 8 Jahre?
Andrea_Fischer: Oh, 2006 ist doch noch so weit hin - jetzt suche ich erst mal einen Job für das nächste Jahr... Kommt Zeit kommt Rat.
il_verde: Da wir langsam zum Schluss kommen sollten- noch Fragen aus der Community?
Andrea_Fischer: Nachtrag zu Angelique: Wir Grünen sind gegen die Zulassung der PID, in der übergroßen Mehrheit. An diesem Punkt kann man uns keinen Verrat vorwerfen.
Moderator: Frage von Angélique an Andrea Fischer:    "Frau Fischer, es war doch wohl weniger eine Kunst des Kompromisses, als eher die Waffe auf die Brust gesetzt, da Herr Schröder diese Frage des Einsatzes mit der Vertrauensfrage gekoppelt hat, also sagen sie mir nicht meine Frage sei polemisch!"
Andrea_Fischer: Die Bemerkung mit dem Kompromiss bezog sich auf das Regierungshandeln ganz allgemein, denn bei allen Themen haben wir Kompromisse gemacht. Die Vertrauensfrage übte natürlich großenDruck auf alle Abgeordneten aus. In der Sache aber war sie konsequent. Die Entscheidung für oder gegen den Afghanistan-Einsatz war eine so zentrale Frage für die Politik der Regierung, das konnte man nicht stehen, wenn nicht die Fraktionen dahinter stehen. Ich verstehe, dass das die Kriegsgegner in eine schwierige Lage gebracht hat. Anders als sie bin ich allerdings der Meinung, dass Krieg und Frieden in der Tat so wichtig sind, dass, wenn man die Entscheidung dafür für einen Fehler hält, es sogar gerechtfertigt wäre, dafür die Regierung zu verlassen.
Moderator: Frage von Elli-Sido an Andrea Fischer:    "Was glauben Sie wieviel Prozent ihre Partei bei der BTW bekommen werden?"
Andrea_Fischer: Neun Prozent!
il_verde: Und Fortsetzung von rot/grün?
Andrea_Fischer: Dann ja ;-)
il_verde: Herzlichen Dank, dass Sie Zeit für uns hatten. Werden Sie nochmal zum Chat kommen? Würde uns sehr freuen.
Moderator: Frage von Elli-Sido an Andrea Fischer:    "Ist dies ihr Ziel oder möchten sie mehr?"
Andrea_Fischer: Gerne, denn das hat mir auch Spaß gemacht! Und wie gesagt, ein political animal werde ich ja bleiben!
Moderator: Frage von Angélique an Andrea Fischer: Würden die Grünen auch mit der CDU eine Koalition eingehen, auch wenn das sehr hypothetisch ist?
il_verde: Nochmals Danke- und viel Glück bei der Jobsuche und viel Spaß als (eher) Privatfrau
Andrea_Fischer: Nachtrag an Elli-Sido: Natürlich wären neun Prozent klasse. Und das ist doch ein bescheidenes Ziel, andere halluzinieren ja von doppelt so vielen Prozenten...
Andrea_Fischer: Ciao an alle Chatter und Doler!
Moderator: Ja, dann kommen wir nun wirklich zum Ende. Vielen Dank für den Chat, Frau Fischer
il_verde: Ciao
Moderator: von Elli-Sido an Andrea Fischer: "Na dann viel Glück!"
: il_verde hat den Raum verlassen
: Andrea_Fischer hat den Raum verlassen
Moderator: Danke auch an alle, die Fragen gestellt haben.
Moderator: Tschüss.
: Moderator hat den Raum verlassen