Chat-Transkript vom 02.04.2002

Prof. Dr. Natan Sznaider, Soziologe, Academic College of Tel Aviv

Thema: Israel im Kreuzfeuer globalen und lokalen Terrors.

Vortrag am 25.März 2002 in Potzdam.

Weitere Informationen befinden sich rechts auf der Startseite unter Institutionen.


: Moderator hat den Raum betreten
: Prof_Dr_Natan_Sznaider hat den Raum betreten
Moderator: Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Sznaider. Ich möchte Sie im Namen der dol2day Redaktion recht herzlich begrüßen und bin schon sehr gespannt auf den Chat
Prof_Dr_Natan_Sznaider: vielen dank, feue mich auch schon, natan
Moderator: Herzlich willkommen beim Chat auf dol2day. Ich freue mich sehr heute Herrn Prof. Dr. Natan Sznaider vom Academic College of Tel Aviv begrüssen zu dürfen. Der Chat hat das Thema: "Israel im Kreuzfeuer globalen und lokalen Terrors" und findet in Anlehnung an die Reihe "Politik und Terror" der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb statt.
Moderator: Zunächst sollte sich jeder Teilnehmer kurz vorstellen. Mein Name ist Andreas Hauser und ich werde den Chat heute moderieren und die Fragen der Mitglieder an Sie weiterleiten.
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Mein Name ist Natan Sznaider und ich arbeite als Kultursoziologe in Tel-Aviv
Moderator: Dannn werde ich jetzt Fragen aus der Community an Sie weiterleiten.
Moderator: Können Sie uns kurz schildern, wie der Alltag in Israel aussieht und wie die Anschläge das Leben mitbestimmen?
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Kurz ist schwierig, aber was Terror macht ist den Alltag zerstören, Es gibt also das nicht mehr was man Alltag nennt. Wenn einme das Lieblingscafe oder die Pizzeria in die Luft gesprent wird, wenn jedes Verlassen des hauses zum Abnteuer wird wo man nicht weiss ob man wider leben nach Hause kommt, gibt es keinen Alltag mehr
Moderator: Wie stehen sie zu den jüngsten Einsätzen der israelischen Armee?
Prof_Dr_Natan_Sznaider: keine leichte Frage, da man ja nicht ohne weiteres Militäreinsätze bfürworten kann, ABER manchmal gibt es Situationen, wo man einfach nicht mehr weiter weiss. Ein Wendepunkt war der Anschlag letzten Mittwoch zum jüdischen Feiertag, da war es kalr, dass diser Anschlag ganz klare anttimsemitische Züge aufweisst und das es nun wirklich auch ums Überleben geht
Moderator: Frage von Erlan an Prof. Dr. Sznaider: "Herr Prof. Dr. Sznaider! Was halten Sie von der jüngsten Äußerungen des israelischen Ministerpräsidenten, der sich am liebsten Jassir Arafat ins Exil wünscht?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: was soll ich dazu sagen. Auch mir wäre es liber wenn Arafat ein bessere Politiker wäre, der er nicht ist. Er gint sich nach aussen als ein Kämpfer für die Freiheit seines Volkes ist aber in meinen Augen nichts anderes als ein Verbrecher, der wohl schon seinén eigenen Staat haben könnte, wenn er im Sommer 2000 Barks Angebot angenommen hätte, es aber vorzug den Terror weiter zu unterstützen und ihn nie gestoppt hat noch versucht hatte zu stoppen, Damit hatte er seine politische Rolle verspielt und vielleicht waere es fürt alle beteiligten besser, wenn ers ein Leben im Exil aussleben sollte
Moderator: Frage von Erlan an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Warum wurde eigentlich der sogenannte Barak-Plan, der beiden Seiten relativ entgegen kam, niemals realisiert?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Beide Seiten sind hier sicher einiges zuzuschreiben. Der wichtigste Punkt war das sogenannte 'rückkehrrecht' der Palästinsinsischen Flüchltinge. Arafat war nicht bereit darauf zu verzichten. Dieses Recht bedeutet das bis zu 4 Millionen Palästinenser nach israel zurückkehren sollten, was dem Ende des Staates israel gleichkommt. Kein Israeli kann dem zustimmen. Auf der anderen Seite war Israel zu dem Zeitpunkt nicht bereit, alle Siedlungen in den besetzten gebieten zu räumen, was natürlich für die Palästinenser nicht annehnbar war. Ein kluger Arafat hätte den Barakplan angenommen und weiter verhandelt. Ich glaube nicht, dass er imstande war das zu tun, und das sein Hass auf die Israelis und Juden ihn weiterhin veranliess den Terror zu schüren
Moderator: Frage von frîkirsche an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "es gibt gewiss viele kandidaten, die gerne die nachfolge Arafats antreten würden. befürchten Sie nicht eine weitergehende radikalisierung des palästinensischen widerstandes?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Viele glauben, dass die Nachfolger von Arafat noch radikaler sein werden (wenn das überhaupt noch geht) und diejenigen von Ihnen, die gestern das Interview auf BBC mit dem Vertreter der Hamas gesehen haben, der lächelnd sagte, dass sie weiter bomben werden und erst dann Ruhe geben, wenn der <staat Israel aufhört zu existieren, kann sich leicht vorstellen, was da noch auf uns zukommt. So schwierig dies angesichts der israelsichen Militärgewalt zu verstehen gilt, geht es nun wirklich auch um das Existenzrecht Israels, welches im Prinzip von disen Gruppen bedroht wird
Moderator: Frage von Pega an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Wie wird denn in Israel die harsche Kritik der europäischen Staaten an Scharons Vorgehen aufgenommen?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: ach wissen Sie, es gibt Momente im Leben eines Staates, wenn einem die Kritik aus dem Ausland ziemlich egal ist. Das ist jetz so ein Moment
Moderator: Frage von Arado an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Herr Sznaider, wäre es vieleicht dem Frieden zuträglich, Sharon gegen einen liberaleren Politiker auszutauschen?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Gibt es nicht das Sprichwort von dem der nciht in Frieden leben kann, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt. Sicher ist Scharon ein Hardliner und sicher nicht jemand der von mir gewählt wurde, aber liberale Politiker wie barak, Peres, und Sogar rabin konnten den Terror nicht verhindern. Erinnern Sie sich an 1995 als Israel mehr den je kompromissbereiter war und fast schon auf dem Weg war die Gebiete zu räumen und es gab eine wahnsinnig grosse terrorwelle, die alles kaputtmachte. Das ist ja das schlimme am Terror, er macht jede Kompromissbereitschaft zunichte. Stellen Sie sich vor, jedes mal wenn Sie das Haus verlassen, sSie in Gefahr gehen pulversisiert zu werden. Da ist es schwierig liberal zu bleiben
Moderator: Frage von SherlockH an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Wie schätzen Sie die Bedrohung Israels durch den Irak ein?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: gibt es leider nur zu konkret. Die Aufrüstung Iraks geht ja nicht gegen Deutschland oder gegen die USA, sondern ganz klar gegen Israel. Vergesen Sie nicht die religiöse Komponente des Konflikts. Der Angriff auf den Sederaben ist auch ein Angriff auf das Judentum und gegen Juden und nciht nur gegen Israel, auch das Abbrennen der Synagogen in Frankreich wie in MArseille soll hier erwähnt sein. Ich will hier nicht die müde Formel des Kampfes der Kulturen beschwören, aber in diesem Kampf gegen Israel ist auch ein Kampf gegen Juden zu sehen und die Bedrohung durch den Irak gehört hier auch hin
Moderator: Frage von salinger an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Wen sehen Sie Ansprechpartner für zukünftige Verhandlungen auf palästinensischer Seite?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Es muss eine neue Führung geben können, die den Israelis und vor allen Dingen der israelischen Bevölkerung klarmachen sollte, dass es ihnen um Politik und um Territorium geht und nicht um Zerstörung. Für die Palästinesner heisst das, dass sie eien Führung bracuht, die Israel mit den Mittleln des gewaltfreien Widerstands bekämpfen kann
Moderator: Frage von Pega an :    "Warum wurde es von den Israelis ihrer Meinung nach bisher abgelehnt, die Siedlungen in den besetzten Gebieten zu räumen?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: die Gretchenfrage. Hier sind die meinungen sehr vielfältigig. Für israelische Rechte gelten die besetzten Gebiete nicht als besetzte Gebiete, sondern als die wahre Heimat, die eigentliche Legitimation von Israels Existenz, für die Sicherheitshonchos gelten die gebiete als Pufferzone für das relativ kleine Israel. Sie wissen, was an manchen Stellen Israel ohne die Gebiete ungbefähr 15km breit ist. Die Gebiete abzugeben fordern ein wahnsinnig grosses Vertrauen in den guten Willen der anderen Seite, diese Gebiete nicht als einen Stützpunkt zu benutzen, um von dort Israel weiter zu attackieren. Da die arabische Seite bisher eigentlich Israels Legitmimät nicht anerkannt hat, bedeutet der Verzicht auf die gebiete ein Risiko, das jetzt weniger Menschen eingehen wollen als zuvor
Moderator: Frage von SherlockH an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Sehen Sie den Irak denn als einzige Gefahr Israels in der arabischen Welt (neben den Palästinenser-Extremisten) oder sehen Sie noch von anderen Staaten eine reelle Gefahr für Israel ausgehen?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Irak-Iran. Ich glaube nicht, dass die anderen Staaten an einer militärischen Auseinandersetzung mit Israel interssiert sind, was ja uch die saudische Friedensinitiative gezeigt hat
Moderator: Frage von salinger an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Erstaunt es Sie, dass Arafat in deutschen Medien als "gemäßigt" oder gar als Garant des Friedens gilt?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: was die deutschen Medien angeht, erstaunt mich garnichts mehr. Ich weiss auch wirklich nicht, welche bedürfnisse dahinter liegen, ihn als den Retter der Witwen und Waisen zu sehen. Vielleicht eine Che Romantik, ich weiss es nicht
Moderator: Frage von Erlan an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Was halten Sie von dem Plan des saudischen Kronprinzen? Ist er überhaupt akzeptabel angesichts der (aus israelischer Sicht) Maximalforderung in Sachen Flüchtlingsrückkehr?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: der Saudiplan minus der Rückkher kann der Ausgangspunkt sein, auf jeden Fall. Nun müssen die Palästinesner und die Araber sich damit abfinden, dass Israel existiert, dass es Teilweise an dem Flüchtlingsproblem Verantworung hat, das dieses Problem zusammen mit >Europa und den USA gelöst werden muss, das aber eine Rückkehr nicht mehr in Frage kommt, ähnlich wie eine Rückkher der Sudeten und Polenflüchtlinge in ihre alte heimat nicht mehr in Frage kommt
Moderator: Frage von frîkirsche an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Israel ist auf die unterstützung zumindest durch die USA angewiesen. ist es noch ein ausdruck kluger politik, diese unterstützung aufs spiel zu setzen?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: nein, es ist n icht klug, aber wie ich schon sagte, gint es momente im Lenen eines Staates, wo das vermeintliche Überleben Überhand gewinnt. Ohne den Terror wäre Israel nciht in der Lage gewesen, diese Militäraktion zu starten.Ehrlich gesagt, mit gewaltfreien Widerstand, wären die Pal. heute schon viel weiter und hätten die volle unbedingtre Ungterstützung aller Nationen. Viellecht sollte man ihnen den Ghandifilm schicken
Moderator: Frage von cycokan an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Da gibts doch den sagenumwobenen Mossad. Warum hat der eigentlich die Arafat oder Saddamfrage nicht längst, hm, gelöst?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Bin nicht sicher, dass ich daruf antworten kann (oder will)
Moderator: Frage von salinger an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Schränkt Sie der aktuelle Terror in ihrem eigenem Leben ein? Wie begegnen Sie der Gefahr im Alltag?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: sicher schränt er ein. Vor allen Dingen geht es darum das Leben meiner 8 Jährigen Tochter zu beschützen, d.h. im Moment, dass es viele Dinge gibt, die sie nciht machen kann (Kino gehen, Pizza essen, spazierengehen etc). man ist die ganze Zeit damit beschaftigt, seine Lebensradius einzuschränken und so wie es geht öffentliche Räume zu vermeiden
Moderator: Frage von Ferbman an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Kann man nicht die Palästinenser in den Staat Israel einbürgern?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: welche Pal. meinen Sie? Die pal. die innerhalb Israels leben sind eingebürgertt, die Pal, in den gebieten sind es nicht, da die Gebeite nicht annketiert sind und man nicht die Menschen die nciht zu Staatshoheit gehören nciht einfach einbürgern kann
Moderator: Frage von Erlan an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Wie schätzen Sie eigentlich die innenpolitische Lage in Israel ein? Wird Ariel Sharon mit seiner Politik noch einmal die Mehrheit der Bevölkerung für sich gewinnen können? Oder wird diese der Labour Party - evtl. unter einem Kandidaten Ben-Eliezer - eine Chance geben?"
Moderator: Frage von Ferbman an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "die in den autonomiegebieten sind israelis?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: Ich glaube nicht, dass Scharon nochmal gewinnen wird, bin aber nciht sicher, dass ein gemassigter Kandidagt gewinnen wird. Ich glaube es wird zu einer Ablösung innerhalb des rechen Lagers kommen
Prof_Dr_Natan_Sznaider: an Ferbann, die Pal in den Autonomiegebieten sind keine Israelis
Moderator: Frage von salinger an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Die Un_resolution 181 vom November 1947 sah unter anderem ein Referendum für Jerusalem vor. Wäre eine solche Maßnahme Ihrer Ansicht nach heute für Jerusalem eine Lösung? Warum denken Sie, schlägt die arabische Seite kein Referendum für Ostjerusalem vor?"
Prof_Dr_Natan_Sznaider: ist heute nicht mehr möglich. Natürlich ist eine Internationalisierung Jerusalems die utopistischte Lösung, aber nicht mehr realisierbar
Moderator: Da es schon 20 Uhr durch ist, würde ich vorschlagen den Chat langsam zu beenden. Herzlichen Dank an Herrn Sznaider, das er sich die Zeit nehmen konnte und wir so einen spannenden Chat erleben durften.
Prof_Dr_Natan_Sznaider: vielen dank auch an alle für ihre guten Fragen und alles Gute an Sie alle
Moderator: Frage von salinger an Prof._Dr._Natan_Sznaider:    "Was halten Sie rückblickend von der Kritik Nethanjahus an Verhandlungen mit Arafat?"
: Prof_Dr_Natan_Sznaider hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum verlassen